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Streiks, Proteste und Szenen der Gewalt in Griechenland Tagesthema

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Streiks, Proteste und Szenen der Gewalt in Griechenland
Abermals extrem angespannt ist die politische Lage in dieser Woche in Griechenland. Am heutigen Dienstag kam es vor dem Parlament in Athen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen autonomen Gruppierungen und der Polizei. Geschäfte wurden zerstört, ein Fahrzeug ging in Flammen auf. Mindestens sieben Personen wurden verletzt, darunter drei Polizisten. Der Hintergrund für diese Vorfälle waren friedliche Proteste von Bürgern und Gewerkschaftern.
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Bürger belagern das Parlament in Athen

Die Gewerkschaften Öffentlicher Dienst (ADEDY), der Gewerkschaftsbund der Privatwirtschaft (GSEE) und die kommunistische PAME führen seit heut einen zweitägigen Streik durch. Zudem kündigten „empörte Bürger“ an, erneut das Parlament zu belagern, um dort die Abstimmung über das Mittelfristige Programm zur Sanierung des Haushalts bis 2015 am Mittwoch zu verhindern. Dieses ist nach der erfolgreichen Vertrauensabstimmung in der vorigen Woche für die Regierung Papandreou die zweite große Hürde innerhalb weniger Tage. Für Donnerstag ist dann die Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes zur Anwendung der einzelnen Maßnahmen geplant. Beides ist die Voraussetzung dafür, dass Griechenland eine fünfte Kreditrate in Höhe von 12 Mrd. Euro erhält. Außerdem wurde ein weiterer Großkredit in Höhe von über 100 Mrd. Euro in Aussicht gestellt, mit dem Griechenland bis 2014 seine Schulden refinanzieren könnte. Geldgeber sind die EU und der Internationale Währungsfonds.
Um das Mittelfristige Programm abzusegnen, benötigt die Regierung beim Votum am Mittwoch mindestens 151 der 300 Stimmen. Zwar verfügt sie noch über eine Mehrheit von 155 Sitzen, es könnte aber knapp werden. Die Oppositionsparteien werden mit „Nein“ stimmen, außerdem haben vier Abgeordnete aus den eigenen Reihen ihren Unmut signalisiert. Andererseits besteht auch die Möglichkeit, dass Parlamentarier aus den Reihen der großen Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) mit „Ja“ stimmen.

Papandreou fordert „patriotisches Verhalten“

Zum Auftakt der Parlamentsdebatte über das neue Sparprogramm wandte sich Papandreou am Montag an die eigenen Genossen mit den Worten, dass die Fraktion „ihre Pflicht gegenüber dem Land tut“. Dies sei ein „patriotisches Verhalten“. Man stehe am Rande des Abgrundes, werde aber ohne zu zögern für eine bessere Zukunft sorgen. Schon 2013 werde die Lage der Wirtschaft eine andere sein, dann könnten die Vorzüge des Landes besser genutzt werden. Scharf kritisierte Papandreou die ND. Die Griechen müssten heute die Rechnung für deren „katastrophale“ Regierungspolitik bezahlen (2004 bis 2009). Nun aber stelle sich diese Partei auch noch auf eine Stufe mit all jenen, die darauf wetten, dass Griechenland Bankrott gehe.
Aus den Reihen der ND wurde gekontert, das von Papandreou aufgeworfene Dilemma „Mittelfristiges Programm – oder Bankrott“ sei lediglich ein politischer Trick. Besonders scharf kritisiert wurden Erklärungen des Vizepremiers Theodoros Pangalos. Dieser hatte gegenüber der spanischen Zeitung „El Mundo“ erklärt, dass die Armee die Geldinstitute mit Panzern schützen müsse, falls das Land eventuell die Euro-Zone verlassen müsste. „Die Banken wären dann umringt von Menschen, die ihr Geld abheben wollen.“ Landesweit gäbe es dann „Aufstände“. Diese Erklärungen stießen nicht nur bei der Opposition, sondern auch in den Reihen der Sozialisten auf Unverständnis. Papandreou versuchte, die Wogen in den eigenen Reihen zu glätten und gab zu verstehen, dass er die Ansichten seines Vizechefs „nicht im geringsten“ teile.

Auch Touristen vom Streik betroffen

Im Vorfeld der Abstimmung über das Mittelfristige Programm zur Sanierung des griechischen Haushaltes – das mit umfassenden Privatisierungen und weiteren einschneidenden Sparmaßnahmen verbunden ist – kommt es am Dienstag und Mittwoch zu massiven Protesten. Daran beteiligen sich die großen Gewerkschaften des Landes: Öffentlicher Dienst (ADEDY), der Gewerkschaftsbund der Privatwirtschaft (GSEE) und die kommunistische PAME. Auch die „Empörten Bürger“ am Athener Syntagma-Platz und in anderen Städten des Landes haben zu Protesten aufgerufen. Einige von ihnen kampieren seit nunmehr über einen Monat vor dem Parlament in der griechischen Hauptstadt, um ihren Unmut gegen die Wirtschafts- und Finanzkrise und gegen die Sparmaßnahmen zum Ausdruck zu bringen. Täglich nach 18 Uhr treffen sie sich und halten Versammlungen ab. Dabei diskutieren sie auch über alternative Möglichkeiten, einen Ausweg aus der Krise zu finden.
Bereits am Dienstagvormittag fanden in der Hauptstadt große Kundgebungen der Gewerkschaften statt. Für Mittwochabend haben diese und empörte Bürger erneut zu Massenprotesten aufgerufen. Durch einen Verkehrsarbeiterstreik drehen sich heute und am Mittwoch in der Hauptstadt die Räder langsamer – oder gar nicht. In Mitleidenschaft gezogen wurden auch viele Touristen, weil auch Fähren und die Eisenbahn bestreikt wurden. Durch zweimal vierstündige Arbeitsniederlegungen der Fluglotsen am Dienstag und Mittwoch kam es zu starken Behinderungen im Flugverkehr. Für spürbare Probleme sorgt zudem ein bereits seit Montag voriger Woche anhaltender Streik der Mitarbeiter des Stromproduzenten DEI. Unterstützt wird der Generalstreik am Dienstag und Mittwoch auch von den Journalisten des Landes. Sie legen an beiden Tagen in der Zeit zwischen 11 und 15 Uhr ihre Arbeit nieder. Zu Problemen kam es in diesen Tagen auch bei der Müllabfuhr, weil Kommunalangestellte seit Sonntagabend die Mülldeponien XYTA im Attischen Fili und von Mavrorachi bei Thessaloniki besetzten. Zudem wurden am Montag sämtliche Rathäuser des Landes symbolisch besetzt. (GZeh)

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