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Proteste gegen Sparpolitik und Troika-Besuch in Athen Tagesthema

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Proteste gegen Sparpolitik und Troika-Besuch in Athen
Griechenland / Athen. Die harten Sparmaßnahmen der Regierung und die Rückkehr der Troika nach Athen haben auch am Freitag zu diversen Demonstrationen und Protestaktionen geführt, darunter auch zu Besetzungen von Ministerien durch Angestellte. Am Freitagmittag traf sich die Troika-Delegation mit dem Finanzminister und stellvertretenden Regierungschef Evangelos Venizelos und mit dem Minister für Verwaltungsreform und E-Goverment Dimitris Reppas. Für den Abend war zudem ein Treffen mit dem Minister für Infrastruktur, Transport- und Netzwerke, Jannis Rangoussis, geplant. Besprochen werden sollten bei diesem Treffen die Liberalisierung der geschlossenen Berufe und Veränderungen im öffentlichen Nahverkehr.
hr.
Weil der Eingang zum Transportministerium, das sich an der Athener Mesogion-Avenue befindet, von etwa 50 Angestellten des Ministeriums besetzt bzw. gesperrt  worden war, musste dieses Treffen an einen anderen Ort verlegt werden.
Bereits zum zweiten Tag sind heute auch die Ministerien für Finanzen und Umwelt von aufgebrachten Beamten besetzt. Auch dort sollten geplante Treffen zwischen Venizelos und den Troika-Experten verhindert werden.
Die der kommunistischen Partei nahe stehenden Gewerkschaft PAME führte am Freitag Proteste vor Finanzämtern und vor Filialen der Elektrizitätsgesellschaft DEI durch.

Proteste lösen Verkehrschaos aus

Weil verschiedene gesellschaftliche Gruppierungen Demonstrationen und Protestmärsche durchführen, kam es am Freitag auf vielen zentralen Athener Verkehrsadern zu einem enormen Straßenchaos. So haben am Freitagvormittag die Mitarbeiter des Programms „Voithia sto Spiti" – zu Deutsch: „Hilfe im Haushalt" um 11.00 Uhr auf dem Klafthmonos-Platz protestiert und gleichzeitig die davor befindliche Stadiou-Avenue für den Fahrzeugverkehr gesperrt.
Krankenschwestern protestierten vor dem Zentralgebäude des Polytechnikums in der Patission Avenue. Außerdem legen diese am Freitag für 24 Stunden ihre Arbeit nieder. Sie weisen damit auf ihre Unzufriedenheit über die Maßnahme der „Arbeitsreserve" hin, die in vielen Fällen in Entlassungen münden könnte. Diese Proteste richten sich auch gegen den Abbau von Gehältern.
Um 12.00 trafen sich Schüler und Studenten zu Demonstrationen am Omonia-Platz und vor dem Hauptgebäude der Universität (Propyläen) an der Athener Panepistimiou-Avenue.
Reserve-Offiziere protestierten um 13.00 Uhr vor dem Verteidigungsministerium an der Mesogion Avenue.
Auf der Insel Kreta haben Physikstudenten der dortigen Universität das Hauptgebäude der Präfektur Kreta symbolisch besetzt. Zudem sind etwa 60 Schulgebäude unter Besetzung, es kam zu Sachschäden. Gegen die Verantwortlichen soll nun die Staatsanwaltschaft ermitteln.
Arbeitsniederlegungen und andere Protestaktionen könnte Mitte Oktober auch die Seemannsgewerkschaft PNO durchführen.

Unzufriedenheit wegen der „Arbeitsreserve"

Ungeachtet der Proteste wird Finanzminister Venizelos mit der Troika bis zum Sonntag mehrere wichtige Themen besprechen. Vor allem soll bis dahin der Haushaltsplan fertig gestellt und vom Ministerrat verabschiedet werden. Bereits am kommenden Montag soll er dem Parlament übergeben werden.
Einige Medien ließen durchblicken, dass die bisherigen Gespräche zwischen Venizelos und dem Troika-Team erfolgreich verlaufen sein soll. Anderen Informationen zufolge soll sich die Troika über die bisherigen Ergebnissen der „Arbeitsreserve" unzufrieden gezeigt haben. Bisher sollen lediglich 300 Arbeitnehmer von 151 staatlichen Unternehmen auf einer Liste stehen, die für diese Arbeitsreserve in Frage kommen. Angepeilt waren 3.500 Angestellte. Was den gesamten öffentlichen Sektor betrifft, so sollen in den kommenden drei Monaten 30.000 Staatsdiener in die Arbeitsreserve verabschiedet werden. Nun soll die Troika explizit auch Entlassungen fordern.

Grundgehaltserhöhungen im öffentlichen Sektor

Wenig erfreut zeigte sich die Troika auch über die verspätete Erstellung eines Rahmentarifvertrages. Dieser soll bereits ab dem 1. November in Kraft treten. Vorgesehen ist darin, dass 100 der bisherigen Zulagen abgeschafft werden. Dadurch erhofft man sich Einsparungen bei den Gehaltszahlungen in Höhe von 2,8 Mrd. Euro. Parallel dazu sollen niedrige Gehälter im öffentlichen Dienst geringfügig angehoben werden.
Das Grundgehalt für Angestellte der öffentlichen Hand soll ab 1. November  780 Euro Brutto betragen. Die Obergrenze für Gehälter wurde auf 2.200 Euro festgesetzt. Bisher lagen die Gehälter zwischen 711 Euro und 1.666 Euro – allerdings kamen zum Teil enorme Zulagen und Aufschläge hinzu, wodurch die Gehaltskosten im öffentlichen Dienst aufgebläht wurden. Mit diesen in Form von Zulagen versteckten Kosten soll nun Schluss sein. Der Regierung zufolge werden 14,5 % der Staatsangestellten große Zahlungseinbußen über sich ergehen lassen müssen. 78 % werde keinerlei Unterschied spüren und 7,5 % könnten sogar mit einer kleinen Gehaltsaufbesserung rechnen.

Privatisierungen auf der Tagesordnung

Die Troika, die all diese Maßnahmen überwacht, um letztlich über die Auszahlung der dringend benötigten 6. Kreditrate in Höhe von 8 Mrd. Euro zu entscheiden, wird sich während ihrer Anwesenheit in Athen auch um die Privatisierungen oder Verpachtungen staatlichen Eigentums kümmern. Ganz oben auf der Liste stehen das staatliche Glückspielunternehmen OPAP und Teile des Internationalen Athener Flughafens Eleftherios Venizelos. Darüber hinaus fordern die „Troikaner" noch weitere Schritte von der Regierung in Athen. Auf der Liste stehen noch weitere Privatisierungen, Rentenkürzungen und die endgültige Liberalisierung der bisher geschlossenen Berufe. (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi) 

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