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Generalstreik in Griechenland – relativ geringe Beteiligung an Kundgebungen Tagesthema

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Generalstreik in Griechenland – relativ geringe Beteiligung an Kundgebungen
In Athen wird am heutigen Donnerstag ein Generalstreik durchgeführt. Er richtet sich gegen harte Sparmaßnahmen, die die Übergangsregierung unter Premier Papadimos umsetzen will. Die Beteiligung an den Kundgebungen war im Vergleich zu früher eher gering. Zum Monatsbeginn am heutigen Donnerstag führen die zwei größten Gewerkschaften des Landes, ADEDY (öffentlicher Dienst) und GSEE (Privatwirtschaft) einen 24-stündigen Generalstreik durch. Um 11.
ch. Um 11.00 Uhr fand in Athen die zentrale Protestkundgebung am Athener Pedion tou Areos-Platz statt. Es folgte ein Protestmarsch bis vor das Parlament. Die kommunistische Gewerkschaft PAME führte eine separate Kundgebung am zentralen Omonia-Platz durch. Zentrale Verkehrsadern waren bis Mittag in Athen für den Verkehr gesperrt . Weil es in der Vergangenheit im Umfeld von Kundgebungen immer wieder zu Randale kam, waren auch die zentralen U-Bahnstationen „Syntagma" und „Panepistimio" seit 10.00 Uhr gesperrt. Dorthin hatten sich Randalierer bisher immer dem Zugriff der Polizei entzogen.
Die Beteiligung an den Protestmärschen war relativ gering. Angaben der Polizei zufolge schlossen sich den Demonstrationen von GSEE und ADEDY nur etwa 5.000 Teilnehmer an. Etwas stärker besucht war die Kundgebung der PAME, die Teilnehmerzahl soll hier bei etwa 13.000 Menschen gelegen haben. Gegen 14.00 Uhr wurden die Proteste beendet, es kam zu keinen nennenswerten Zwischenfällen.

Proteste auch in anderen Städten
Zu Protesten kam es auch in anderen Städten des Landes, vor allem in Thessaloniki. Am Generalstreik beteiligen sich u. a. Angestellte der Kommunalverwaltung, der staatlichen Betriebe, der Banken, der Krankenhäuser sowie Seeleute. Dadurch kommt heute der Fährverkehr zum Erliegen. Weil sich auch die Eisenbahner am Streik beteiligen, verkehren keine Züge. Betroffen ist auch die Vorortbahn Proastiakos, die den Athener Internationalen Flughafen „Eleftherios Venizelos" bedient.
Insgesamt hat es den Anschein, als ob die Beteiligung am Streik nicht so massenhaft ist, wie bei den vorangegangenen. Die Fluglotsen beispielsweise beteiligen sich nicht. Auch die Athener U-Bahn (Metro) verkehrt ganztägig im gewohnten Rhythmus.
Die Angestellten der anderen öffentlichen Nahverkehrsmittel streiken für wenige Stunden. So verkehren die blauen Stadtbusse in Athen und die Elektrobahn (ISAP) zwischen 9.00 und 21.00 Uhr, die Oberleitungsbusse (Trolley) fahren zwischen 8.00 und 22.00 Uhr. Die Straßenbahn (Tram) fährt heute ab 6.00 Uhr und bis Mitternacht. Ähnlich sind die Betriebszeiten in Thessaloniki.

Gegen weitere Sparmaßnahmen
Der Streik richtet sich vor allem gegen weitere harte Sparmaßnahmen, die für das Haushaltsjahr 2012 vorgesehen sind. Dazu gehören u. a. die der „Arbeitsreserve" die erstmals am Montag dieser Woche praktiziert wurde. Diese betrifft den öffentlichen Sektor und kann theoretisch in Entlassungen münden, in den meisten Fällen handelt es sich allerdings eher um eine Art Vorruhestandsregelung. Gerichtet sind die Proteste aber auch gegen Veränderungen bei den Arbeits- und Versicherungsrechten und gegen die Beschneidung der Liste der schweren und gesundheitsschädigenden Berufe.

Auch Journalisten wehren sich

Betroffen von diesen Maßnahmen sind auch die Journalisten. So standen bisher einige Nachrichtensprecher noch auf der Liste der schweren und gesundheitsschädigenden Berufe – was nun nicht mehr gilt. Ein Grund, um in den Streik zu treten, ist für die Journalisten aber auch die Praxis vieler Arbeitgeber, unregelmäßig oder gar keine Gehälter mehr zu zahlen. Das Personal des Fernsehsenders ALTER ist z.B. bereits seit Monten ohne Salär. Doch auch Tageszeiten mit großen Auflagen sind davon betroffen. Selbst beim größten griechischen Medienkonzern DOL wurde den Mitarbeitern nun eine 20-prozentige Gehaltskürzung angekündigt.
Was die Journalisten bei öffentlichen Medien betrifft, so sind viele von ihnen von der Arbeitsreserve betroffen. Mitarbeitern mit Zeitverträgen droht unmittelbar die Arbeitslosigkeit. Deshalb wird in der Medienbranche morgen ganztägig gestreikt, bereits am Mittwoch erfolgte ein 24-stündiger Streik. Am heutigen Donnerstag erscheinen keine Zeitungen. 
Weil vor allem bei den öffentlichen Medien seit Anfang der Woche mehrfach eine Funkstille eintrat, wird intensiv über Alternativlösungen beraten. Es könne nicht sein, dass das Volk in schwierigen Zeiten wie jetzt von einem qualitativen Informationsfluss ausgeschlossen bleibe, wurde etwa bei Gewerkschaftssitzungen mehrfach zu bedenken gegeben. Deshalb einigten sich die  Medienmitarbeiter darauf, heute lediglich zwischen 11.00 und 15.00 Uhr die Arbeit nieder zu legen. Für besondere Vorfälle soll in dieser Zeit ein Notpersonal zur Verfügung stehen, das bei besonders wichtigen Ereignissen zum Mikrophon greifen kann. Als Beispiel dafür, dass man nicht ganztägig die Berichterstattung unterbrechen könne, wurde ein Generalstreiks Anfang Mai 2010 genannt. Damals waren drei Bankangestellte an ihrem Arbeitsplatz ums Leben gekommen, als Unruhestifter einen Brand gelegt hatten. – Die Öffentlichkeit wurde erst einen Tag später über den Vorfall informiert.

Suche nach Alternativlösungen
Was die neue Regierung unter Loukas Papadimos betrifft, so zeigt sich diese fest dazu entschlossen, jene Konsolidierungsmaßnahmen, die mit den internationalen Partnern und Geldgebern beschlossen worden sind, in die Tat umzusetzen. Im Parlament verfügt das Übergangskabinett über eine bequeme Mehrheit von 253 der 300 Sitze. Gestützt wird die Regierung von der sozialistischen PASOK, der konservativen Nea Dimokratia (ND) und der rechtskonservativen Orthodoxen Volkssammlung (LAOS). Lediglich die beiden linken Parteien verweigern sich.

Premier verpflichtet sich zu harten Maßnahmen
In einem Schreiben an  dem Präsidenten des Europäischen Rates Herman van Rompuy, dem Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker, dem Präsidenten der Europäischen Kommission Jose Manuel Barroso und der Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) Christine Lagarde hatte sich Papadimos dazu verpflichtet, dass seine Regierung alle bereits beschlossenen Maßnahmen durchsetzen werde. Der gestandene Finanzexperte begründete das mit den Worten, dass der Verbleib in der Eurozone die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität gewährleiste. Zudem sei die Durchsetzung von Reformen für ein Wachstum der Wirtschaft absolut notwendig. Deshalb habe seine Regierung die zentrale Aufgabe, die beim EU-Gipfeltreffen Ende Oktober mit Griechenland vereinbarten Maßnahmen umzusetzen.


Immer wieder negative Meldungen
Eines der größten Probleme, mit denen das Kabinett Papadimos konfrontiert ist, ist die steigende Arbeitslosigkeit. Im August 2011 erreichte diese 18,3 %. Ein Jahr zuvor waren es noch 12,9 %. Das wirkt sich nicht zuletzt auch auf die Einnahmen des Staates aus. Für den Zeitraum zwischen Januar und Oktober 2011 lagen diese bei 39,23 Mrd. Euro: 4,1 % weniger als geplant. Nicht nach Plan entwickelt sich auch das Haushaltsdefizit. Ursprünglich sollte es in diesem Jahr nicht über 8,5 % betragen. Dem jetzigen Stand zufolge könnte es aber bei 9,2 oder gar 9,3 % Ende des Jahres schließen. Hinzu kommt eine schwere Rezession. Sie war ursprünglich auf 5,5 % veranschlagt, neuesten Zahlen zufolge dürfte sie auf mindestens 5,8 % steigen; die OSZE geht sogar von über 6 % aus.
Um angesichts all dieser Probleme einen klaren Kurs zu steuern, berät seit heute 13.00 Uhr der Ministerrat. Hauptgesprächsthemen sind die gesetzesgeberische Arbeit für die nächste Zeit, sowie auch die Vorschläge für das kommende Gipfeltreffen der Europäischen Union am 8. und 9. Dezember für die Überwindung der Krise innerhalb der Eurozone.  (Text: Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi)

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