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Richterlicher Protest gegen Erhöhung der Altersgrenze für Richter Tagesthema

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Richterlicher Protest gegen Erhöhung der Altersgrenze für Richter

Die Präsidentin des obersten griechischen Gerichtshofs Vassiliki Thanou hat angekündigt, das in der Verfassung festgelegte maximale Lebensalter für die Ausübung des Berufes des Richters verlängern zu wollen. Das Justizministerium dementierte eine derartige Möglichkeit.

Innerhalb der Zunft der Richter schlagen die Wogen abermals hoch. Die Präsidentin des obersten griechischen Gerichtshofs, des Areopags, Vassiliki Thanou, setzt sich für eine Erweiterung des Maximalalters ein, mit dem ein Richter auf seinem Posten sein darf. Diesen Plan, so teilte sie mit, habe sie bereits mit Ministerpräsident Alexis Tsipras (SYRIZA) besprochen. Dieser habe sich aufgeschlossen gezeigt.

Vorgaben der Verfassung
Hingegen haben die vier größten Richterverbände ihre Ablehnung gegen eine derartige Eventualität zum Ausdruck gebracht. Das sei verfassungswidrig, ließen sie wissen. Im Artikel 88, Absatz 5, stehe eindeutig, dass ranghöhere richterliche Amtsträger lediglich bis zum 67. Lebensjahr diesen Posten behalten dürfen. Amtsträger bis zum Dienstgrad des Richters oder stellvertretenden Staatsanwalts beim Berufungsgericht treten bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand. Die Verfassung lasse in diesem Punkt keinen Platz für Fehlinterpretationen, so das Urteil der Experten.  
Eine diesbezügliche Gesetzesänderung bilde eine „inakzeptable Verletzung der Verfassungsbestimmungen“. Letztendlich sei solch ein Plan nur im Rahmen einer Verfassungsänderung möglich. Die Oppositionspartei Nea Dimokratia rief die Regierung dazu auf „das Spiel mit den Institutionen und der Gerechtigkeit zu beenden“. Eine Anhebung der Altersgrenze der Richter sei „undenkbar“. Der Verfassungsrechtler und früherer stellvertretende Ministerpräsident aus den Reihen der früheren Volkspartei PASOK Evangelos Venizelos hat im sozialen Medium Facebook u. a. den Absatz 5 des Artikels 88 der griechischen Verfassung veröffentlicht, um die Öffentlichkeit auf die dort enthaltenen Festlegungen hinzuweisen.

„Kontrolle der Justiz“
Thanou soll gegenüber Ministerpräsident Tsipras damit argumentiert haben, dass das Höchstalter der Richter zu deren eigenen Schutz festgelegt worden sei. Außerdem gäbe es in anderen EU Ländern keine Altersgrenze für die Ausübung des richterlichen Berufes.  
Die Amtszeit von Thanou endet im kommenden Sommer, wenn sie ihr 67. Lebensjahr erreicht hat. Beobachter meinen, dass der Vorschlag das Höchstalter für die Richter auszudehnen, mit dem Wunsch der Regierung zusammenhänge, die „griechische Justiz zu kontrollieren“. Hintergrund sei, dass im bevorstehenden Jahr mehrere „regierungsnahe“ hohe Richter pensioniert werden. Thanou hatte zwischen August und September 2015 als erste griechische Ministerpräsidentin eine Übergangsregierung geleitet. Sie ist von der Regierungspartei Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) vorgeschlagen worden.
Nachdem das Thema in der Öffentlichkeit hohe Wellen schlug, dementierte das Justizministerium das Szenarium, dass das Maximalalter für die Richter angehoben werden könnte. Justizminister Nikos Paraskevopoulos forderte dazu auf, dass man die Justiz ihre Arbeit tun lassen solle. Außerhalb des von der Verfassung vorgeschriebenen Rahmens werde es keinerlei Veränderungen geben.
 
Elisa Hübel


Unser Archivfoto (© Eurokinissi) zeigt Ministerpräsident Tsipras mit Thanou in dessen Amtssitz in Athen.

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