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Öffentlicher Sektor in Griechenland „dringend reformbedürftig“ Tagesthema

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Öffentlicher Sektor in Griechenland „dringend reformbedürftig“
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa (OECD) kam bei einer Prüfung des griechischen Behördenapparats zu einem vernichtenden Fazit: So, wie der griechische Staat derzeit strukturiert sei, könne er die für die Gesundung des Landes nötigen Reformen nicht umsetzen. Er müsse dazu zuallererst selbst umfassend und tief greifend reformiert werden. Die OECD ging in alle 14 Ministerien des Landes und stellte fest, was der bürokratiegeplagte Bürger schon lange weiß: nichts funktioniert so, wie es sollte. Kompetenzwirrwarr, mangelnde interne Kontrolle und Koordination und ein oft inkompetentes Personal behinderten die Umsetzung gezielter Politiken zur Gesundung der maroden Staatsfinanzen. Ohne die Bedeutung und Notwendigkeit der derzeit laufenden Sparprogramme zu unterschätzen, sei die Steigerung der Effizienz, Zuverlässigkeit und Integrität der griechischen Verwaltung die vielleicht größte Priorität bei den umzusetzenden Reformen, heißt es in dem Bericht.
, heißt es in dem Bericht. „Die Notwendigkeit und Bedeutung einer Verwaltungsreform in Griechenland können nicht hoch genug eingeschätzt werden".

Acht Schwachpunkte geortet

Die OECD stellt zusammenfassend folgende acht Schwachpunkte fest, bei denen dringlicher Reformbedarf bestehe: Erstens gebe es keinerlei zentrale Vision betreffend die langfristigen Zielsetzungen der Politik für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft des Landes, aber auch für die kurz- und mittelfristigen Maßnahmen, die zu ergreifen wären. Zweitens würden die politische Kultur und die Kultur der öffentlichen Verwaltung mit schwacher Zentralautorität, unübersichtlicher Gesetzeslage, schlechter Datenlage und ungenügenden Kontrollmechanismen Korruption und Klientelismus Vorschub leisten. Drittens wurde die mangelnde Koordination der Ministerien untereinander kritisiert. Viertens hapere es an der vertikalen Umsetzung politischer Beschlüsse durch die Verwaltung. Punkt fünf der Mängelliste betrifft die mangelnde Budgetkontrolle in den einzelnen Ministerien. Sechstens: ein schlechtes Personalmanagement mit „kopflastiger" Verwaltungshierarchie ohne klare Trennung von der Politik (Besetzung von Ämtern nach Parteibuch) sowie, als unmittelbare Folge, ein aufgeblähter Apparat – oft mit „Geisterabteilungen", die nur mit dem Abteilungsleiter besetzt sind – und geringe interne Mobilität. Siebtens: mangelnde bis nicht vorhandene Erhebung und Verwaltung von Daten, die als Grundlage für politische Entscheidungen dienen könnten. Sowie achtens eine Unmasse von Gesetzen und Vorschriften, die eine rasche Entscheidungsfindung in der Verwaltung erheblich erschweren würden und Verfahrensfragen über die Umsetzung substanzieller Politik erheben würden.
Die OECD sieht als einzigen Ausweg, die Axt an die Wurzel zu legen und den griechischen Staat zunächst einmal selbst in einer „Big-Bang-Reform" radikal umzukrempeln. Die Organisation empfiehlt dazu unter anderem die Schaffung eines zentralen, schlagkräftigen Stabes um den Premierminister, der die Kompetenz hat, eine gemeinsame, für alle verbindliche Politik zu formulieren, bei den Ministerien durchzusetzen und nach außen zu kommunizieren. In diesem Zusammenhang seien eine bessere Koordinierung der Regierungsstellen untereinander und die bessere interne Kontrolle der Umsetzung von Reformen dringend geboten. Ferner müsse es neue Strategien für das Humanpotenzial geben, die nicht nach politischen sondern nach Leistungskriterien vorgehen. Die mittlere Verwaltungsebene müsse gestärkt werden. Außerdem seien eine bessere Budgetkontrolle, die Verbesserung der Datenerhebung und -verwaltung sowie nicht zuletzt die radikale Entschlackung des aufgeblähten Gesetzesapparates dringend erforderlich.

Ein etwas lauer Kommentar

Ob dies angesichts der offenkundigen Unwilligkeit des politischen Systems überhaupt durchzusetzen ist, darf mit Recht hinterfragt werden. Die erste Reaktion aus dem griechischen Finanzministerium war laut einem Artikel in „Die Welt" eher lau: Der Bericht sei „sehr interessant", das Land brauche aber „Lösungen, keine Feststellungen". Dass die OECD Lösungen anbietet, wird dabei geflissentlich übersehen, denn diese gehen gegen die ureigensten Interessen von Politikern, die traditionell ihre Ämter als Pfründe sehen und die Partei über das Land stellen – wie man nicht zuletzt an der Zahl der Minister und Staatsekretäre des Drei-Parteien-„Reformkabinetts" Papadimos sieht. (Text: GZak, Foto: Eurokinissi, Archiv. Diese Aufnahme entstand beim 17. Treffen der OECD-Außenminister am 1. Dezember 2009)

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