„Betrogenes Volk“
Nach Ansicht des
Linkspolitikers sei das Volk bei den letzten Parlamentswahlen am
17. Juni „betrogen“ worden. Weiterhin brachte er zum Ausdruck, dass
die gegenwärtige Regierung unter dem konservativen
Ministerpräsidenten Antonis Samaras keine lange Dauer haben werde,
falls das unpopuläre Sparpaket in Höhe von mehr als 11,5 Mrd. Euro
das Parlament passieren sollte. Dem Ministerpräsidenten warf
Tsipras „Unzuverlässigkeit“ vor. Er verwies darauf, dass Samaras
noch während der DETH 2011 vor einem Jahr seine letzte
Antimemorandums-Rede gehalten habe. Nach Ansicht von Tsipras,
dessen Syriza die stärkste Oppositionspartei im Parlament ist,
trage das Memorandum die Verantwortung für die Abwertung der
Arbeit, des Besitzes und der Unternehmen. Das Memorandum sei aber
auch an einer derzeit in Griechenland erlebten „Krise der
Demokratie“ schuld. Als Beispiel nannte er die steigende
Popularität der faschistischen und gewaltbereiten Partei Chryssi
Avgi. Ins Parlament konnte diese bereits vor drei Monaten mit knapp
7 % einziehen. In einer letzten Umfrage konnte die faschistische
Partei auf den dritten Platz in der Wählergunst aufklettern.
Acht-Punkte-Plan
Für den Linkspolitiker sei
es eher wichtig, dass das Volk den geplanten neuen Maßnahmen
aktiven Widerstand entgegen setze. In seiner Rede wiederholte
Tsipras, dass seine Partei eine Aufhebung des Memorandums und eine
Neuverhandlung mit den internationalen Partnern anstrebe. Außerdem
müsse es nach Ansicht der linken Partei einen Schuldenerlass und
ein Moratorium geben. Tsipras nannte dafür das Beispiel
Deutschlands aus dem Jahr 1953. Seinen Wählern versprach er in
diesem Sinne eine Stornierung des bestehenden Memorandums und
Neuverhandlungen mit den Geldgebern und internationalen
Partnern.
Die von der Regierung angestrebte Verlängerung des Memorandums um
zwei Jahre verglich Tsipras mit einer „gefährlichen Illusion“
Während seiner Rede, stellte Tsipras auch einen Acht-Punkteplan
vor, mit dem die Gesellschaft „geschützt“ und „die sich
entwickelnde humanitäre Krise“ vermieden werden könne. Außerdem
will der Linkspolitiker die Finanzierung für Bildung, Gesundheit
und für soziale Zwecke stärken. Unterstützt werden sollen mit
seinem Programm auch die Produktion von Lebensmitteln und
Medikamenten für den Eigenverbrauch des Landes sowie die
Schifffahrt und der Eisenbahnverkehr. Letztendlich zählt zu seinen
Vorschlägen auch eine progressive Reform des Steuersystems.
„Diener der Drachmen-Lobby“
Scharf
kritisiert wurde die Ansprache des Syriza-Chefs von anderen
politischen Kräften. Regierungssprecher Simos Kedikoglou nannte ihn
einen „konsequenten Diener der Lobby der Drachme“ und stellte fest,
dass die Linkspartei „kein Programm und nichts Neues zu bieten“
habe. Die kommunistische Partei KKE verglich Tsipras mit dem
ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Jorgos Papandreou in
dessen Ansprachen vor dem Ausbruch der Krise aber auch mit Antonis
Samaras, als dieser sich seinerseits noch gegen das Memorandum
gestellt hatte. (Griechenland Zeitung / eh, Foto: Eurokinissi. Das
Archivfoto zeigt Tsipras bei einer Parteiveranstaltung Anfang
September.)