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Kommentar der Griechenland Zeitung: Huub Stevens und Reformen

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Wer Griechenland verstehen will, tut gut daran, den Fußball des Landes unter die Lupe zu nehmen. Nur wenige gesellschaftliche Erscheinungen vermitteln einen solch direkten Einblick in die Psyche und den Volkscharakter der Griechen, offenbaren ihre zahlreichen Talente und, im Vergleich dazu, leider wenigen Tugenden.Fußball sozialisiert nämlich von Kindesbeinen an den größten Teil der männlichen Bevölkerung. Er bringt ihm bei, was Erfolg bedeutet, wie und unter welchen Zuständen und Voraussetzungen er entsteht und wie man mit der Konkurrenz umzugehen hat, um ihn zu erreichen.Die erste wichtige Schlussfolgerung, die ein junger Fan aus seinem Lieblingssport zieht, ist, dass der Erfolg schnell und möglichst ohne große Anstrengungen kommt, weil er quasi weniger eine Frage der harten Arbeit ist, sondern eher der Begabung und Inspiration.
ung und Inspiration.
Huub Stevens, der ehemalige Trainer des nordgriechischen Traditionsclubs PAOK Thessaloniki, kann seit vergangenem Sonntag ein Lied davon singen. Nach lediglich sechs Monaten im Amt wurde der einst von den Fans gefeierte Holländer nach nur wenigen unglücklichen Ergebnissen aus dem Team verjagt. Man habe ihm gar nicht Zeit gelassen, sein eigenes Team aufzubauen, beschwerte sich der 60-jährige Coach, der einst mit Schalke 04 einen europäischen Titel holte.
Ähnlich ungeduldig wie Vereinsführung und Fans von PAOK verhalten sich Regierung und öffentliche Meinung in Sachen Strukturreformen. Jeder Vorschlag der Troika oder der OECD, um de-facto-Monopole abzuschaffen und unsinnige Marktregelungen abzubauen, werden mit Skepsis aufgenommen. Es mag schon stimmen, dass die Wirtschaft nicht wieder wachsen wird, nur weil mehr Apotheken erlaubt werden soll, ihre Geschäfte an manchen Sonntagen offen zu halten, weil das Regionalmonopol der KTEL-Busse abgeschafft oder die Mischung von Oliven- mit anderen Ölen erlaubt wird.
Wenn aber der Aufschwung kommt, werden ihm alle diese Maßnahmen zusammengenommen den Elan verschaffen, den er braucht, um dauerhaft zu sein und neue Jobs zu schaffen. Wie im Fußball, so auch in der Wirtschaft: Erfolg ist keine Frage des einzelnen großen Wurfs, sondern eher der vielen, kleinen, geduldigen Schritte.
Dimos Chatzchristou





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