Immigranten, die über den Seeweg von Libyen nach Griechenland kommen, werden in den kommenden drei Monaten keinen Antrag auf Asyl stellen können. Obendrein sollen Menschen, die aus Nordafrika illegal ins Land kommen, inhaftiert werden und müssen mit einer Rückführung in ihre Heimat rechnen.
Griechenland will seine Politik zur Abwehr von illegalen Flüchtlingen deutlich verschärfen. Das wurde in einer Rede deutlich, die Premierminister Kyriakos Mitsotakis am Mittwoch (9.7.) zur aktuellen Migrations- und Flüchtlingskrise angesichts der Situation in Libyen vor dem Parlament hielt. Er sprach er von einem „Notstand, der Notfallmaßnahmen erfordert“.
Demnach wird Griechenland zunächst für drei Monate Asylverfahren aussetzen, wenn es sich um Personen handelt, die über Nordafrika illegal nach Griechenland einreisen. Eine entsprechende Gesetzesnovelle wird am Donnerstag dem Parlament übergeben.
„Verhaftet und inhaftiert“
Anlass für diese einschneidenden Maßnahmen sind tausende Immigranten, die von der libyschen Küste meist mit einfachen Booten in See stechen und in vielen Fällen auf der Insel Kreta im Süden Griechenlands ankommen. Die Großinsel ist angesichts der Situation überfordert: weder stehen für die Ankommenden geeignete Unterkünfte zur Verfügung, noch gibt es Kapazitäten für eine Überfahrt auf das griechische Festland: Das Tourismusgeschäft brummt, und Plätze auf Fähren sind rar.
Vor diesem Hintergrund kündigte der Regierungschef eine harte Gangart an: „Immigranten, die illegal nach Griechenland kommen, werden verhaftet und inhaftiert.“ Menschen, die im offenen Meer gerettet werden, sollen nicht mehr nach Kreta gebracht, sondern direkt nach Lavrion in Attika. Dort sollen die Betroffenen in bewachte Einrichtungen des Migrationsministeriums – sprich: Lager – eingewiesen werden. Zudem sollen auch auf Kreta derartige geschlossene Anstalten entstehen.
Weiterhin werde man in Kontakt mit den beiden Regierungen in Libyen bleiben. Die griechischen Streitkräfte, die Marine und die Hafenpolizei hätten den Auftrag, mit den Behörden in Libyen entsprechend zu kooperieren. Ziel sei es, die Abfahrt von Booten mit Immigranten, die von dort aus in See stechen, um Griechenland anzulaufen, bereits im Anfangsstadium zu verhindern. Mitsotakis fasste zusammen, dass sein Land auf die sich abzeichnende Situation „legal“, aber auch „streng“ reagieren werde.
Inhaftierung und Repatriierung
Bereits Anfang Juli hatte der neue Migrationsminister Thanos Plevris, kurz nach seiner Amtsübernahme, mit entschiedenen Worten seine Migrations- und Flüchtlingsstrategie beschrieben: Wer nach Griechenland komme und kein Recht auf internationalen Schutz habe, werde entweder inhaftiert oder in seine Heimat repatriiert. Griechenland sei „kein Leuchtturm für illegale Migration“, so der Politiker aus dem rechten Spektrum der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia. Während einer Rede im griechischen Parlament erklärte er, dass der Aufenthalt in Griechenland für Personen ohne ein Aufenthaltsrecht als eine „Straftat“ angesehen werde. Die Betreffenden würden ins Gefängnis überführt; der einzige Weg von dort heraus sei eine Rückkehr in ihre Heimat.
Weiterhin stellte er fest, dass sein Ministerium nicht für den Grenzschutz zuständig sei; dies sei Aufgabe des Ministeriums für Handelsschifffahrt und Inselpolitik. Die Mitarbeiter der Hafenbehörde hätten bereits rund 300.000 Menschen aus dem Meer gerettet, so Plevris.
Zuvor hatte sein Ministerium Daten über unbegleitete Minderjährige veröffentlicht, die sich in Griechenland aufhalten. Deren Anzahl liege Anfang Juli bei 1.861. Es handle sich zu 92 % um Jungs und lediglich 8 % seien Mädchen. 13,6 % seien unter 15 Jahre alt.
Die größte Oppositionspartei PASOK kritisierte, dass die griechische Regierung auf die Ereignisse „unvorbereitet“ reagiert habe. Die Migrationssituation werde von der Regierung im Osten Libyens ausgenutzt, um EU-Gelder und eine formelle Anerkennung von der Europäischen Union zu erhalten. Außerdem wurde daran erinnert, dass die griechischen Grenzen auch ein Teil der EU-Außengrenzen seien und dass die EU angesichts dieser Situation aktiv werden müsse.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)