Trotz der Weihnachtsfeiertage führen Landwirte in Griechenland ihre Protestaktionen fort. Sie fordern eine Senkung der Produktionskosten, höhere Abnahmepreise für ihre Produkte und Maßnahmen gegen Subventionsbetrug. Während die wirtschaftlichen Folgen der Straßenblockaden zunehmend spürbar werden, überhäufen sich Regierung und Opposition gegenseitig mit schweren Vorwürfen.
Die Landwirte in Griechenland sind entschlossen, auch während der Weihnachtsfeiertage ihre Protestaktionen fortzuführen. Straßensperrungen wollen sie jedoch während der Festtage vermeiden, damit Reisende ihren Urlaub auch in abgelegenen Regionen Griechenlands unbeschwert verbringen können. Bereits seit einigen Tagen führen sie daher nur symbolische Protestaktionen durch, indem sie etwa Schranken an Mautstationen geöffnet halten oder an die passierenden Fahrzeuge kostenlos Lebensmittel aus eigener Produktion verteilen. An anderen Orten beschränken sie hingegen den Verkehr von Pkw, in denen Produkte aus dem Ausland nach Griechenland transportiert werden.
Auf dem Forderungskatalog der Landwirte stehen u. a. eine Senkung der Produktionskosten und höhere Abnahmepreise für ihre Produkte. Außerdem protestieren sie gegen Missstände bei der staatlichen Agentur für Auszahlung und Kontrolle von EU-Agrarbeihilfen (OPEKEPE), die einen deftigen Subventionsskandal zu verantworten hat. Millionen an Beihilfen für Griechenlands Landwirte wurden veruntreut bzw. an völlig unberechtigte Personen ausgezahlt. An den Protesten beteiligen sich etwa auch Viehzüchter und Imker und zum Teil auch Fischer.
Dialogbereitschaft geprüft
Die Regierung kommt durch die sich abzeichnende Zuspitzung der Proteste immer stärker in Zugzwang. Premierminister Kyriakos Mitsotakis betonte am Wochenende, dass sein Kabinett weiterhin dialogbereit sei. Davon ausgeschlossen seien „unvernünftige Forderungen“. Von insgesamt 27 Schwerpunkten, die von den Landwirten gefordert werden, seien 16 bereits erfüllt oder würden wohlwollend geprüft. Vier weitere Punkte befänden sich derzeit in Bearbeitung oder würden diskutiert, um eine Lösung zu finden. Lediglich sieben Forderungen könnten nicht umgesetzt werden, entweder weil sie grundlegenden europäischen Vorgaben und der Funktionsweise der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik widersprächen oder weil sie haushaltspolitisch nicht realisierbar seien. Das Festhalten an einer kategorischen Ablehnung eines Dialogs nütze niemandem und sei Ausdruck einer nicht konstruktiven Haltung, so der Premierminister. Zudem seien die wirtschaftlichen Auswirkungen der Straßenblockaden auf die übrige Gesellschaft bereits deutlich spürbar.
Der Minister für Agrarentwicklung und Lebensmittel, Kostas Tsiaras, äußerte sich seinerseits in einem Interview im Fernsehsender SKAI optimistisch, dass die Landwirte „letztlich Verantwortungsbewusstsein zeigen und den Dialog mit der Regierung aufnehmen werden“. Ziel sei es, die gravierenden Probleme des primären Sektors zu diskutieren und zugleich zu verhindern, dass die Gesellschaft während der Weihnachtsfeiertage zusätzlich belastet wird.
Regierung unter Druck
Der Pressesprecher der sozialistischen Oppositionspartei PASOK, Kostas Tsoukalas, hat der Regierung seines Landes „fehlende Dialogbereitschaft im Agrarsektor“ vorgeworfen. In einem Interview mit dem Fernsehsender Mega erklärte er, „die Regierung torpediert jede Verständigung mit Drohungen und offenem Erpressungsversuch gegenüber den Landwirten“. Tsoukalas erinnerte daran, dass die PASOK die Regierung über fünf Jahre hinweg aufgefordert habe, Maßnahmen gegen Missstände bei der Staatsagentur OPEKEPE zu ergreifen.
Scharfe Kritik wurden auch aus den Reihen der linken Oppositionspartei SYRIZA geäußert. Der Generalsekretär Stergios Kalpakis kommentierte: „Das Vertrauen der Landwirte wurde durch die Regierung zerstört – Mitsotakis’ Dialogangebote sind nur vorgeschoben“. Er fügte hinzu, dass die Regierung „die Verantwortung für den Vertrauensverlust zwischen Staat und Landwirtschaft trage“. Die Aufrufe von Premierminister Mitsotakis zu einem Dialog seien „lediglich formale Gesten ohne echte Absicht zur Problemlösung“.
Auch die kommunistische KKE übt in einer Mitteilung Solidarität mit den protestierenden Landwirten und bezeichnete deren Forderungen als gerechtfertigt: Diese wollten damit nur ihre „unmittelbare Existenz sichern“.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)