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Auf dem Stier nach Europa

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Foto (© Griechenland Zeitung / ms) Foto (© Griechenland Zeitung / ms)

In ihrer Heimatstadt Tyros in Phönizien wurde Zeus auf die Prinzessin Europa, König Agenors Tochter, aufmerksam. Er verliebte sich in sie, weshalb dann gleich ein ganzer Kontinent nach ihr benannt werden sollte. Weil der lüsterne Gott bereits mit Hera verheiratet war, musste er sich mit List an die junge Frau heranmachen.

Er nahm Hermes den Götterboten mit und zeigte ihm das Mädchen, das vor den Toren der Stadt auf einer Blumenwiese spielte. Da Zeus’ Antlitz sie erschrecken würde, riet Hermes ihm, sich in einen Stier zu verwandeln. Und in vermeintlicher Unschuld trieb Hermes daraufhin eine Kuhherde in Europas Nähe. Der verwandelte Gott war ein ungewöhnlich zahmer Stier mit goldenen Hörnern, der Europa vertraulich zuzwinkerte. Das junge Mädchen war von dem Stier angetan, sie schmückte seine Hörner gar mit einem Blumenkranz. Nachdem er ihr Vertrauen gewonnen hatte, lud er sie zu einem kleinen Ritt auf seinem Rücken ein. Doch der Ausritt wurde zu einem regelrechten Kidnapping, denn der herrlich weiße Stier sprang ins Meer und schwamm mit der Königstochter von dannen. Von Phönizien nach Kreta sind es Hunderte von Kilometern, zwei Tage und zwei Nächte war der Stier mit dem Mädchen auf hoher See unterwegs. In Kreta ging das Tier mit der geraubten Prinzessin an Land und verwandelte sich zu ihrer Verwunderung in Zeus, den Göttervater, zurück. Doch weil er ein verheirateter Gott war, konnte er nicht standesrechtlich mit Europa zusammen sein, sondern stattete seiner Geliebten nur regelmäßige Besuche auf Kreta ab. Drei Söhne gingen aus der Affäre hervor. Zur Entschädigung für ihr uneheliches Verhältnis gab Zeus allerdings zwei Versprechen ab. Das erste war, dass ihr ältester Sohn Minos zu einem mächtigen König auf der Insel Kreta würde. Auch versprach er Europa, dass der Erdteil, zu dem er sie aus dem Nahen Osten entführt hatte, ihren Namen bekommen sollte. Zeus hielt beide Versprechen. Bis zum heutigen Tag heißt der Kontinent, zu dem der goldhornige Stier dereinst mit der Prinzessin schwamm, Europa. Überhaupt wurde sie zu einer Berühmtheit: Der Kopf der Sagengestalt war 1948 auf dem Fünf-D-Mark-Schein abgebildet. Und schauen Sie sich einmal das Hologramm auf der Zehn- Euro-Banknote an! Darin ist nämlich Europas Kopf versteckt. Das Porträt stammt von einer über 2000 Jahre alten Vase aus Süditalien, die sich jetzt im Pariser Louvre befindet.

Linda Graf

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