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Gefühle erobern erstmals die Poesie

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bachFoto (© Griechenland Zeitung / Maria ): Sounion bachFoto (© Griechenland Zeitung / Maria ): Sounion

Archilochos lebte von 680 bis 630 v. Chr. auf der Kykladen-Insel Paros. Als unehelicher Sohn eines Adligen und einer Sklavin musste er sich seinen Lebensunterhalt als Soldat verdienen. Archilochos beschrieb sich selbst sowohl als einen Diener des Kriegsgottes Ares als auch als einen Diener der Musen. Denn sein Schicksal wollte es, dass er zum Dichter wurde, ja, zum bedeutendsten frühgriechischen Lyriker überhaupt.

Er war nämlich der erste, der es wagte, seine eigenen Gefühle und seine Innenwelt in Worte zu fassen und nicht nur über Helden und Götter zu dichten. Zum ersten Mal wurde das „Ich“ zum Mittelpunkt in der Poesie. Dazu gehörte Mut. Der Pionier Archilochos beschrieb auch den Liebesakt mit Worten, die heute noch schön klingen: „… und ließ sie sinken auf eine Blumenwiese … Und während ich ihren Körper überall streichelte, ließ ich meine Kraft verströmen und berührte dabei ihr blondes Haar ...“
Archilochos schrieb Verse über persönliche Lebenserfahrungen, die seinen Mitmenschen nicht fremd waren, über die Trauer um verstorbene Verwandte, das Soldatenleben. Bekannt war er auch für seine Spottgedichte. So lästert er etwa über den Kameraden, der in der Schlacht lieber sein Schild im Busch zurücklässt und die eigene Haut rettet. Oder über den adligen, ehrlosen Landsmann, der ihm seine Tochter verspricht, und sie dennoch einem anderen zur Frau gibt. Der Dichter fiel im Kampf seiner Heimatinsel gegen Naxos. Kurz nach seinem Tod wurde ihm auf Paros ein Tempel errichtet und er wie ein Halbgott verehrt. Seinen Hang zur Dichtkunst führte Archilochos auf eine Begegnung mit Musen zurück, die ihm auf dem Weg zum Markt erschienen seien. Als Kind war er eines Tages von seinem Vater mit einer Kuh aufs Festland geschickt worden, um sie in der Stadt zu verkaufen. Da begegneten ihm einige Frauen, erkundigten sich nach dem Preis und boten ihm eine ansehnliche Summe. Plötzlich lösten sich die weiblichen Gestalten mitsamt der Kuh in Luft auf. Zurück geblieben sei eine Leier zu Füßen des Archilochos. Da war ihm klar, dass dies die Musen gewesen waren, die ihn aufforderten, sich der Dichtkunst zu widmen. Übrigens stammt der Begriff Lyrik von dem griechischen Musikinstrument Lyra ab. Gedichte wurden in der Antike stets mit Musik begleitet.

(Griechenland Zeitung / Linda Graf)

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