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Erinnerung an die „Kleinasiatische Katastrophe“ vor 100 Jahren

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Foto (© ert): Die kosmopolitische Stadt Smyrna nach der Katastrophe. Foto (© ert): Die kosmopolitische Stadt Smyrna nach der Katastrophe.

Pünktlich zum Jahreswechsel hat das griechische Kulturministerium das Jahr 2022 offiziell dem Gedenken an die „Kleinasiatische Katastrophe“ von vor 100 Jahren gewidmet und die Unterstützung entsprechender Programme angekündigt. Damit trägt es der Erinnerung an eines der schwärzesten Kapitel der griechischen Geschichte des 20. Jahrhunderts Rechnung – ein Kapitel, das im kollektiven Gedächtnis des Landes bis heute einen festen Platz einnimmt.


Als der Erste Weltkrieg 1918 zu Ende gegangen war, saß Griechenland bei den anschließenden Friedensverhandlungen dank der Politik des damaligen Ministerpräsidenten Eleftherios Venizelos auf der Seite der Sieger und konnte sich gerade gegenüber dem Osmanischen Reich, der einstigen, jahrhundertelangen Besatzungsmacht des Landes, nicht unerhebliche Trümpfe sichern. Dazu gehörten neben einer Beteiligung an der Besetzung der Hauptstadt Istanbul, dem alten byzantinischen Konstantinopel, die Inbesitznahme des bis dahin türkischen Ostthrakien, dem heutigen europäischen Teil der Türkei. Außerdem übernahm Athen die Verwaltung von Smyrna (Izmir), dessen Einwohner zum überwiegenden Teil Griechen waren. Die bald schon dort stationierten griechischen Truppen rückten dann jedoch, durchaus mit bitteren Folgen für die osmanische Zivilbevölkerung, Richtung Ankara vor, wurden 1921 aber vor Erreichen der Stadt von türkischen Kräften gestoppt und im folgenden Jahr nach Westen zurückgedrängt. Für die kleinasiatischen Griechen sollte diese militärische Unternehmung in einer Katastrophe enden. Bereits zuvor hatte es von türkischer Seite immer wieder gewaltsame Übergriffe gegen die griechische Bevölkerung Anatoliens gegeben, nach der fehlgeschlagenen Offensive ging es nun aber um nicht weniger als deren Auslöschung. Die Verfolgungen, die jetzt einsetzten, endeten nahezu überall in der Vertreibung und vielfach auch Ermordung der griechischen Nachbarn. Smyrna, die bis dahin blühende, kosmopolitische Metropole, ragt in diesem Zusammenhang als Mahnmal besonders hervor. Als die türkischen Einheiten die Stadt im September 1922 erreichten, ermordeten sie deutlich mehr als 30.000 ihrer griechische Einwohner; deren Wohnviertel ebenso wie jene der armenischen Bevölkerung ließen sie in Flammen aufgehen. Die Ereignisse von damals bedeuteten letztlich das weitgehende Ende griechischen Lebens in Kleinasien. Seit mehr als 3000 Jahren hatten Hellenen dort gelebt, nun führte ein 1922 beschlossener Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei dazu, dass mit Ausnahme der in Istanbul ansässigen Griechen alle übrigen noch dort verliebenen das Land verlassen mussten. Das von ihnen erduldete Leid ist zu einem wesentlichen Bestandteil der griechischen Erinnerungskultur geworden. (GZjr)

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