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Scharfe politische Kontroverse wegen möglicher Kinderschändung Tagesthema

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Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt den bisherigen künstlerischen Leiter des Nationaltheaters Dimitris Lignadis nach seiner Festnahme. Unser Foto (© Eurokinissi) zeigt den bisherigen künstlerischen Leiter des Nationaltheaters Dimitris Lignadis nach seiner Festnahme.

Der Fall um den früheren künstlerischen Leiter des griechischen Nationaltheaters Lignadis gewinnt in Griechenland immer mehr an politischem Gewicht. Während hochrangige Regierungsmitglieder erklären, keinen engen Kontakt zu dem mutmaßlichen Vergewaltiger gehabt zu haben, wirft die Opposition der Regierung Vertuschung vor.

Die Empörung der Öffentlichkeit über den bisherigen künstlerischen Leiter des Nationaltheaters Dimitris Lignadis überschattest mehr und mehr den politischen Alltag. Das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) schließt einen Trafficking- oder Kinderschänder-Ring nicht aus. Konkret wird Lignadis vorgeworfen, minderjährige Jungs zum Teil brutal vergewaltigt zu haben. Der Rechtsanwalt des Regisseurs und Schauspielers, Alexis Kougias, gab sich im Fernsehen hingegen von der Unschuld seines Mandanten überzeugt. Hinter dem Fall sieht der griechische Staranwalt vielmehr einen Versuch, den Rücktritt von Bildungsministerin Lina Mendoni zu erzwingen oder gar die Regierung zu stürzen.
SYRIZA vertritt unterdessen die Auffassung, dass die Regierung versucht habe, den Fall zu vertuschen. Erst als sich erste Augenzeugen wegen Vergewaltigungstaten zu Wort gemeldet hätten, die noch nicht verjährt seien, habe auch Mendoni Farbe bekannt. Bis dahin habe Lignadis leider genügend Zeit gehabt, mögliche Indizien zu vernichten, so die Kritik der Linkspartei.

SYRIZA: Was geschah wann?
In einer Art Zeitraffer versuchte die linke Oppositionspartei nun, die Ereignisse und Hintergründe transparent zu machen. Demnach hatte die Bildungsministerin am 7. August 2019 – einen Monat nach der Amtsübernahme der konservativen ND-Regierung – die Abschaffung einer bis dahin vorgesehenen öffentlichen Ausschreibung für die Position des Leiters des Nationaltheaters angekündigt. Anschließend sei dieser Posten Lignadis zugeschanzt worden. Noch Anfang Februar des laufenden Jahres habe die Regierung eine mögliche Involvierung des Theaterdirektors in Vergewaltigungsfälle klar dementiert. In der entsprechenden Mitteilung von SYRIZA heiß es, dass Lignadis am 6. Februar seinen Rücktritt eingereicht habe, nachdem ein Mann namens Nikos S. detailliert die ihm zugefügte Vergewaltigung in der Presse öffentlich gemacht hatte. Der Fall sei jedoch verjährt gewesen und Mendoni habe weiterhin die Unschuld von Lignadis beteuert, kommentiert SYRIZA. Erst am 19. Februar habe die Bildungsministerin ein Kehrtwende vollzogen und plötzlich von einem „gefährlichen Menschen“ gesprochen, erklärt das Linksbündnis in seiner Analyse der Ereignisse.

Vertuschungsversuche
Auch die Bewegung der Veränderung (KinAl) spricht von einem „Versuch, den Fall zu vertuschen“. Man müsse die Opfer verteidigen und von ihrem „Mut lernen“, heißt es weiter.
Die kommunistische KKE vertritt die Auffassung, dass die Regierung verspätet reagiert habe. Die rechtspopulistische Griechische Lösung wiederrum möchte auch Nichtregierungsorganisationen an den Pranger stellen. Diese hätten die betreffenden Kinder eigentlich schützen sollten, statt sie dem Chef des Nationaltheaters in die Hände zu spielen.
Von der Regierung in Stich gelassen fühlt sich der Verein Griechischer Schauspieler. Dessen Mitglieder sprechen kurzerhand von Kinderschändung. Sie erinnern daran, dass es in ganz Europa weitaus häufiger zu Misshandlungen komme, als letztendlich bekannt werde. Die Schauspieler machen auch darauf aufmerksam, dass die mutmaßlichen Opfer Lignadis als Täter zunächst nicht namentlich benannt hätten, was auf den Rat ihrer Rechtsanwälte zurückzuführen sei. Dafür hätten die Betreffenden sicher gute Gründe, so die Einschätzung der Gewerkschafter.
Um nicht in die Defensive gedrängt zu werden, kündigte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis nun einen Plan an, der die Enthüllung solcher Fälle vereinfachen und die jeweiligen Opfer unterstützen soll.
(Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)

 

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