Während Athen und Kairo sehr gute bilaterale Beziehungen pflegen, sorgte die Entscheidung eines Gerichtes in Ägypten unverhofft für Misstöne. Ländereien, die dem griechisch-orthodoxen Katharinenkloster in Sinai gehören, könnten eventuell verstaatlicht werden. Beobachter sehen sogar eine Gefahr für das Kloster selbst, das seit 15 Jahrhunderten dauerhaft bewohnt ist.
Ein Gerichtsbeschluss in Ägypten hat in Griechenland für eine heftige Debatte gesorgt. Demnach könnten Teile des Katharinenklosters in Sinai verstaatlicht werden. Es handelt sich um eines der ältesten Klöster des Christentums überhaupt, das seit 15 Jahrhunderten ohne Unterbrechung von griechisch-orthodoxen Mönchen bewohnt wird.
Am Samstag (31.5.) telefonierte Premierminister Kyriakos Mitsotakis mit dem ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi. Der Anrufer hob dabei die Bedeutung dieses Klosters hervor. Dieses UNESCO-Weltkulturerbe müsse seinen Charakter unbedingt beibehalten.
Teil des das Katharinenklosters
Politische Dynamik
Um der Perspektive Griechenlands weiteren Nachdruck zu verleihen und um die entstandene Lage zu prüfen, reiste am Montag (2.6.) zudem eine Delegation aus Athen nach Ägypten. Für den gleichen Tag war in der griechischen Hauptstadt ein Dreiländertreffen zum Thema der „Diaspora“ angesetzt, an dem sich Vertreter aus Griechenland, Zypern und Ägypten beteiligten. Verdeutlicht werden soll in diesem Kontext die „wichtige politische Dynamik“, die in letzter Zeit entstanden ist. Griechenland und Ägypten bezeichnen sich gegenseitig als strategische Partner. Am Mittwoch dieser Woche (4.6.) wird der griechische Außenminister Jorgos Gerapetritis persönlich in Kairo eintreffen.
Beobachter interpretieren, dass der strittige ägyptische Gerichtsbeschluss Zweifel am Eigentum des Katharinenklosters aufkommen lasse. Dabei geht es um 71 Ländereien, die dem Kloster gehören; 25 davon befinden sich in abgelegener Lage und sind unbewohnt. Sie sollen nun dem ägyptischen Staat übertragen werden. Hingegen soll den rund 20 Mönchen weiterhin der Aufenthalt im Kloster erlaubt sein; ihnen wird eine Art Nutzungsrecht zugesprochen.
Kritiker geben u. a. zu bedenken, dass diese Veränderungen negative Auswirkungen auf das Leben der Mönche haben könnten, die jedes Jahr ihre Aufenthaltsgenehmigung für Ägypten erneuern müssen.
Geopolitische Gefahr
Vor diesem Hintergrund sieht Athen hinter dem ägyptischen Gerichtsurteil nicht nur eine Bedrohung für ein „wichtiges religiöses und kulturelles Monument“, sondern auch einen Verstoß gegen gemeinsame politische Vereinbarungen, die erst vor kurzem auf höchster diplomatischer Ebene getroffen worden sind.
Am 7. Mai hatte Präsident as-Sisi im Rahmen des ersten Höchsten Kooperationsrates zwischen beiden Ländern Athen einen offiziellen Besuch abgestattet. Dabei wurden mehrere Abkommen unterzeichnet. Eines davon betraf auch das Katharinenkloster – das allerdings nicht vom ägyptischen Justizministerium abgesegnet wurde.
Beobachter vermuten in erster Linie eine Gefahr durch geopolitische und wirtschaftliche Pläne Ägyptens, wobei etwa die Region auf der Halbinsel Sinai, wo sich das Katharinenkloster befindet, touristisch stark ausgebaut werden soll. Vor diesem Hintergrund hatte Mitsotakis gegenüber as-Sisi hervorgehoben, dass es sich bei dem Kloster nicht um einen einfachen Gebäudekomplex, sondern um ein Symbol der griechisch-orthodoxen Kultur handle. Entstanden ist das Kloster an jenem Ort, wo der Prophet Mose von Gott die Zehn Gebote empfangen haben soll. Außer wertvollen Handschriften befinden sich auch seltene Ikonen aus frühbyzantinischer Zeit, die den sogenannten Bildersturm überstanden haben, im Besitz des Klosters.
In Ägypten
„Lebendiges Symbol“
Gegründet wurde das Konvent im Jahr 565 im Auftrag von Kaiser Justinian; doch bereits seit 381 ist monastisches Leben an diesem Ort bekundet, der sowohl vom Christentum als auch vom Judentum und dem Islam als heiliger Ort anerkannt wird. Benannt wurde das dortige Kloster nach der Heiligen Katharina von Alexandrien. Täglich besuchen bis zu 2.000 Pilger und Touristen diesen von einer hohen Mauer umgebenen Gebäudekomplex in der Wüste.
Seinen Frust über die jüngsten Ereignisse drückte unterdessen Erzbischof Ieronymos aus. Er sieht dahinter eine „gewaltsame Verletzung der Religionsfreiheit“. Das griechisch-orthodoxe Patriarchat von Jerusalem erinnert daran, dass es sich um ein „lebendiges Symbol des Friedens zwischen Christen und Muslimen“ handle. Auch Griechenlands Opposition läuft Sturm gegen die jüngsten Entwicklungen. So etwa warf der Vorsitzende der sozialistischen PASOK Nikos Androulakis der Regierung vor, „amateurhaft und gefährlich“ zu handeln. Man hätte besser daran getan, den besagten Gerichtsprozess vor Ort zu verfolgen, um „aus erster Hand“ Kenntnis über die Ereignisse zu bekommen. Aus den Reihen des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA) war die Rede von einem „Verlust für das Griechentum und die Orthodoxie“. Der Vorsitzende der rechtspopulistischen Griechische Lösung Kyriakos Velopoulos beschuldigte die Regierung in diesem Zusammenhang, es sich zu einer Gewohnheit gemacht zu haben, „zu lügen“. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)