Im Zuge der 2010 ausgebrochenen Finanz- und Wirtschaftskrise haben etwa 650.000 Griechen das Land verlassen, um eine bessere Zukunft im Ausland zu finden. Dieses Phänomen wird Talentschwund bezeichnet. Nun versucht die Regierung, diese vor allem jungen Leute zurück nach Griechenland zu holen.
Griechenland bemüht sich darum, junge Griechen, die im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise ins Ausland gezogen sind, zurück in die Heimat zu holen. So etwa fand am Samstag (31.5.) ein Karrieretag in Stuttgart statt, an dem sich mehrere griechische Unternehmen beteiligt haben, die Jobs angeboten haben. Mehr als 1.000 Griechen, die in Deutschland, Luxemburg und der Schweiz leben, haben sich an der Veranstaltung beteiligt, um eine Arbeit in Griechenland zu finden. Darunter waren etwa Wirtschaftswissenschaftler und Informatiker. – Innerhalb der letzten zwölf Monate fanden weitere ähnliche Veranstaltungen in Düsseldorf, Amsterdam und London statt.
Arbeitsministerin Niki Kerameos stellte von Stuttgart aus fest, dass die Arbeitslosigkeit in Griechenland derzeit bei 8,3 % liege; dies sei der niedrigste Stand der vergangenen 17 Jahre.
In Stuttgart
„Misstrauensvotum“
In dieser Woche fand in Athen eine Veranstaltung zum Thema Talenteschwund statt, an der sich auch namhafte Oppositionspolitiker beteiligt haben. So etwa stellte der ehemalige Regierungschef und derzeitige Parlamentarier der größten Oppositionspartei des Landes PASOK, Jorgos Papandreou (2009-2011), fest, dass der Talentschwund ein „Misstrauensvotum gegen ein wirtschaftliches und politisches System“ sei.
Der frühere Regierungschef Alexis Tsipras (2015-2019) aus den Reihen des Bündnisses der Radikalen Linken (SYRIZA), erklärte seinerseits, dass sich der „Talentschwund fortsetzt“. Die Jugend würde Griechenland verlassen, „weil sie das Land nicht mehr aushalten“. Das liege etwa an einer wachsenden „Glaubwürdigkeitskrise von Institutionen, Politik und Werten“. Zudem würden 28 % der Bürger am Rande der Armut leben; zu vergleichen sei das mit Bulgarien und Rumänien. Die Einkommen der Griechen hätten 2007 noch bei 80 % des EU-Durchschnitts gelegen, heute seien es gerade einmal 60 %. Lediglich 21 % der Bevölkerung könne noch Geld zu Seite legen und 35 % würde bis Ende des Monats nicht über die Runden kommen.
Karrieretag
„Investitionen in Innovation“
Der frühere SYRIZA-Oppositionschef Stefanos Kasselakis (2023-2024), der nun die von ihm gegründete Partei Demokratische Bewegung leitet, sprach von der Notwendigkeit gleichberechtigter Entwicklungsmöglichkeiten und Investitionen in Innovation und Leistungsgesellschaft. Was die Hochschulen angeht, so dürften diese nicht als „Prüfungszentren“ dienen, sondern als „Herd des Wissens, der Forschung und des Schaffens“.
Regierungssprecher Pavlos Marinakis erwiderte, dass seit etwa sechs Jahren 420.000 Auslandsgriechen nach Griechenland zurückgekehrt seien; während der 2010 ausgebrochenen Finanz- und Wirtschaftskrise seien 650.000 Griechen ins Ausland gezogen. (Griechenland Zeitung / Elisa Hübel)