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Von Schlupfwinkeln im Gebirge und an meerblauen Küsten

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Foto (© GZlg): Petani Beach, das Schnorchelparadies auf Kefalonia. Foto (© GZlg): Petani Beach, das Schnorchelparadies auf Kefalonia.

Ein Paar aus Luxemburg peilt von Athen aus das Zagoria-Gebirge an und macht danach Station an den Küsten des Ionischen Meeres. Marianne und Henri haben Hellas schon in den 1980er Jahren kennengelernt. Doch voneinander wussten sie damals noch nichts.

Mitte der 1980er verschlägt es Marianne erstmals mit Freunden nach Griechenland; ohne Reiseziel, mit Rucksack, auf dem Motorrad, und dann mit den Fähren von Insel zu Insel. Ihr Mann Henri, den sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennt, reist in diesen Jahren ebenfalls bereits munter in Griechenland drauf los. Und kommt an irgendeinem Tag irgendwo an. Die Leichtigkeit, mit der sie ohne gestecktes Ziel die hellenischen Gefilde durchstreifen können, sowie das authentische Ambiente zieht die beiden bereits damals in ihren Bann. Bei dem Besuch des sympathischen Paars hier am Ionischen Meer schwärmen wir über die damaligen Zeiten, als die Einheimischen auf den Kykladeninseln bei der Ankunft der Fähren ihre Zimmer auf handgeschriebenen Kartons anpriesen: Zimmme zu vermiten. Rooms for rent with shower.

Marianne und Henri GRAF
Marianne und Henri

Einzigartiges Licht

Als Marianne und Henri sich kennenlernen, findet ihr erstes Date in einer griechischen Taverne in Luxemburg statt, in der sie ihre gemeinsame Liebe für einander und für Griechenland entdecken. Als sie verheiratet sind, bereisen die Hellenophilen Griechenland mit ihren zwei Kleinkindern und vier Rucksäcken; die kleinen Rucksäcke sind mit Spielzeug vollgepackt. Mittlerweile hat sich das nun 50-jährige Paar auf eine andere Art von Griechenlandreisen spezialisiert. Als entspannendes Hobby kundschaftet Marianne nach ihrer Arbeit als medizintechnische Röntgenassistentin von zu Hause aus vom Mainstream verschonte Reiseziele aus. „Dabei lässt es sich so schön vom Meeresblau und vom einzigartigen Licht in Griechenland träumen“, sagt Marianne, die aufgrund ihrer Arbeit viel Zeit in verdunkelten Krankenhausräumen verbringt. „Diese Recherchen“, mischt Henri sich lachend ein, „überlasse ich großzügig meiner Frau, während ich dann vor Ort für die pragmatischen Dinge verantwortlich bin. Zum Beispiel das Beseitigen von Skorpionen und Spinnen im Schlafzimmer.“ Von ihrer diesjährigen dreiwöchigen Reise – sie reisen stets außerhalb der Touristensaison – sind sie absolut begeistert von ihrem Aufenthalt im Zagori-Gebirge.

Sicht auf Meteora

Von Athen aus steuern sie mit ihrem Mietwagen vorerst das Städtchen Arachova im Parnass-Gebirge in Zentralgriechenland an, das winters übrigens ein bekanntes Skigebiet ist. Da sie schon in der Nähe sind, besuchen sie das südwestlich am Massiv gelegene Delphi und steigen ebenfalls zur Korikyischen Grotte am Parnassos oberhalb von Delphi hinauf. „Die fabelhafte Aussicht“, sagt Marianne, „macht den anstrengenden Aufstieg wett.“ Auch sagt man der Grotte nach, dass sie einst von Nymphen bewohnt wurde.
Von Arachova aus geht die Fahrt weiter nach Kastraki, einem kleinen, verschlafenen Städtchen mit Sicht auf die Meteora-Felsen. „Die Besichtigung der Klöster“, erklärt Henri, „interessiert uns dabei nicht so sehr, wohl aber der mehrstündige Trail rund um die Meteora-Klöster herum, zu dem wir uns am nächsten Tag aufmachen.“ Und wo sie bei ihrer Rückkehr lange Zeit auf den Leitplanken am Straßenrand sitzenbleiben, ganz versunken in den – wie Marianne es ausdrückt – „geradezu mystischen Sonnenuntergang“ blickend.
Tags darauf geht es weiter ins Zagori-Gebirge in der nordwestgriechischen Region Epirus, wo die unternehmungslustigen Luxemburger den Vikos-Nationalpark und die bekannte Vikos-Schlucht besichtigen wollen. „Eine Superlative!“, schwärmt Henri, denn die beiden sind total von der Architektur der aus Steinen erbauten Dörfer, von der authentischen regionalen Küche und von den Einheimischen begeistert. Von der magischen Vikos-Schlucht, die ganze 1.000 Meter (!) tief ist: „Diese Landschaft ist einzigartig in Europa“, meint Henri, „die Vikos-Schlucht kann sich glatt mit der faszinierenden Wirkung des Grand Canyon messen!“

Sunset over Meteora GRAF
Meteora

Kochkünste im Dorf

Es gefällt den beiden, dass es in dieser Gegend kaum Touristen gibt, und wenn doch, dann sind es einheimische Wanderer, die die Naturschönheiten ihres Landes zu genießen wissen. Und Hirten mit ihren Ziegen. Die abwechslungsreiche Küche in dieser Region, die auf ihre lokalen Produkte spezialisiert ist, hat es Marianne und Henri ebenso angetan wie die einheimischen Unika, mit denen sie auf ihrer Reiseroute Bekanntschaft machen. „Die Einheimischen sind so freundlich“, schwärmen Henri und Marianne.
Um nur einige zu nennen … Da ist Giannis, der die Tsoukali-Taverne in Arachova betreibt. „Bevor er unsere Bestellung aufgenommen hat“, lacht Henri, „hat er sich erkundigt, ob wir allergisch auf bestimmte Lebensmittel reagieren. Und, um die Gerichte ganz nach unserem Gusto auszurichten, hat er uns ausgiebig nach unseren Geschmacksrichtungen ausgequetscht. Das war ein Erlebnis! Auch hat Giannis uns ausführliche Erklärungen über die Historie und den Ursprung der klassischen Regionalgerichte geliefert, für die er ausschließlich lokale Produkte verwendet.“ – „Ein zurückhaltender, ausgeglichener Mensch“, beschreibt Marianne ihn, „der sein Lokal nur vier Tage in der Woche zwischen 18 und 23 Uhr öffnet. An den Wochenenden und während der Touristensaison ist er meistens geschlossen. Seine Devise lautet: Ich habe kein dickes Portemonnaie, aber im Herzen bin ich reich.“
Die beiden erwärmen sich auch für Andreas’ Kochkünste im Dörfchen Vitsa in der Region Ioannina, wo sie sich nach dem Besuch des Zagori-Gebirges einfinden. Dort werden sie geradezu königlich bekocht, ohne dass der Chefkoch sich im Geringsten daran stört, dass sie die einzigen Gäste in seinem Lokal sind.

Arachova GRAF
Arachova

Authentischer Geist

Erwähnenswert seien auch der aus Athen stammende Vassilis, der die Großstadt hinter sich lässt, um mit Katze Molli ein Bed and Breakfast vom Feinsten in Megalo Papingo zu eröffnen, oder der supernette Witzbold George, Verwalter eines Hotels in Aristi, einem kleinen Dorf in der Region Ioannina. Schließlich verlassen Marianne und Henri die Gebirgslandschaft und statten mir während ihrer Fahrt über Arta nach Preveza, auf dem Weg zur Westküste der Insel Lefkada, einen Besuch in Paleros am Ionischen Meer ab. Auch hier, wie könnte es anders sein, gefällt den beiden einfach alles: das Blau der Meeresbucht, das Sitzen in Dimitris’ palmenumsäumter Strandbar, einige seiner hausgemachten Speisen, der vorzügliche Tsatziki und der erfrischende Karotten-Kohl-Salat. Dann fahren wir den Berg hinauf, essen Wassermelone, Kefalotiri-Käse, Wurst aus Lefkada mit Tsipouro aus Paleros. Viel später als geplant machen die beiden sich für die Fahrt über den Bergkamm mit seinem Ghost Village Playa zur Westküste Lefkadas auf.
Was sie so innig an ihren Griechenlandreisen lieben? Nun, dass viele Inseln, auch Dörfer und Städte auf dem Festland, ihre Authentizität bewahrt haben. Wie sagt Henri nach dem zweiten Tsipouro? Dass ein authentischer Geist über den griechischen Gefilden hängt. Hier leben die Traditionen weiter, genauso wie früher. In jedem Ort wird lokaler Handel betrieben – es gibt Honig, Wein, Seifen, Bergtee, Oliven –, den es zu fördern und zu ermutigen gilt, möchte Henri sich an dieser Stelle an alle Griechenlandreisenden wenden.

Megalo Papingo
Megalo Papingo

Schmetterlinge und Kräuter

„Statt wie wild drauflos zu amazonen, kaufe ich lieber den Einheimischen etwas ab. Auch wenn es eine Kleinigkeit ist. Einen Honigtopf vom Stand am Straßenrand, in kleinen Läden kaufe ich lokale Produkte ein. Im Gegensatz zu unserer modernen digitalisierten Welt außerhalb Griechenlands finden wir hier immer noch ein richtiges Menschsein vor. Auch knipsen wir auf unseren Wanderwegen nicht ständig mit dem Mobiltelefon herum, sondern uns ist vielmehr daran gelegen, eins zu sein mit der Natur. Wir genießen die Naturelemente ganz bewusst – sei es ein Käfer auf unserem Weg, Schmetterlinge, Kräuter, oder die Ansicht eines ausgetrockneten Flussbetts. Hier, in den abgelegenen Dörfern, in der magischen, unverbauten Landschaft finden wir zur Ursprünglichkeit zurück. Wir tauchen absichtlich bewusst in diese Erlebnisse ein. Die Menschen, die wir hier antreffen, sind stolz, höflich, authentisch. Niemals aufdringlich, lassen uns unseren Freiraum – à la leben und leben lassen.“

Die Reiselust erwacht

„Und das Meer“, betont Marianne, „ist nirgendwo auf der Welt so blau wie hier in Griechenland. Ich bin ganz verrückt nach diesem Big Blue. Hier finden wir unsere Schlupfwinkel!“ Nach ihrem Aufenthalt auf Lefkada sind Marianne und Henri jetzt auf der Ionischen Insel Kefalonia, von wo mich ihre begeisterten Sprachnachrichten und meist meerblauen Pix erreichen. Henri taucht, Marianne schnorchelt, sie wandern und haben natürlich bereits Bekanntschaft mit zig Einheimischen gemacht. Mit Charis, dem Präsidenten des VW-Clubs Kefalonia, mit den ansässigen Tauchern und einem Team von Ozeanforschern. Hach, ich hab jetzt solch eine Reiselust!

 

(Griechenland Zeitung / Linda Graf)

 

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