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Die Flut bei Volos: „Man merkt den Leuten das Unglück an“ Tagesthema

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Fotos (© Luisa Bollweg) Fotos (© Luisa Bollweg)

Seit ein paar Tagen wütet das Unwetter „Daniel“ über Griechenland. Dutzende Dörfer stehen unter Wasser, Menschen sind von der Außenwelt abgeschnitten.

Es gibt bereits 6 Tote und mehrere Vermisste. Auch die thessalische Hafenstadt Volos ist betroffen. Etwas oberhalb dieser Stadt wollte Luisa Bollweg eigentlich ihren Urlaub und Geburtstag im Ferienhaus ihrer Mutter genießen. Doch der Sommertraum musste der Realität weichen.

Griechenland Zeitung: Wie genau erlebst du die Lage vor Ort?

LUISA BOLLWEG: Es wechselt immer wieder. Der Sturm hat in der Nacht von Montag auf Dienstag angefangen. Zunächst war es wie ein ganz normales Gewitter, kam aber total plötzlich. Am Abend vorher saßen wir noch in einer Taverne und der Himmel war sternenklar. Wir haben noch mit einem griechischen Bekannten darüber geredet, dass es einen Sturm geben würde, dachten aber nicht, dass er so schlimm werden würde. In der Nacht hat es dann angefangen zu Gewittern. Das Zählen des Abstands zwischen Blitz und Donner war gar nicht möglich, das waren nur Millisekunden. Insgesamt sollen es über 12.000 Blitze gewesen sein, die hier eingeschlagen sind. Ich habe mir immer nur gedacht, irgendwann muss es doch aufhören, spätestens nach sechs Stunden, aber dann waren es fast 24 Stunden, ehe das Gewitter vorbei war. Auch der Regen war extrem. Man sieht auch auf dem Meer überall Schlammspuren und dass das Wasser eine andere Farbe angenommen hat. Das hat schon fast apokalyptische, sinnflutartige, biblische Züge.

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Griechenland Zeitung: Wie reagieren die Griechen auf das Unwetter?

LUISA BOLLWEG: Erstmal hat jeder für sich geschaut, dass er irgendwie mit den Wassermassen klarkommt. Die Straßen wurden überflutet. Mein Freund war zu dem Zeitpunkt noch unten im Dorf. Er hat beobachtet, wie die Leute versucht haben, ihre Restaurants und alles drumherum zu retten, weil sonst alles ins Meer getrieben worden wäre. Vieles wurde auch zerstört. Tagsüber kam dann die Feuerwehr. Durch die Sturzfluten auf den Straßen konnten sie aber nichts ausrichten, sie kam nicht auf die andere Seite. Sie meinten nur zu den Leuten, dass sie in den Häusern bleiben sollten und sind dann wieder gefahren. Man merkt den Leuten das Unglück an. Hin und wieder wieder muss man natürlich auch vor die Tür gehen, um zum Beispiel im Supermarkt einzukaufen. Abgefülltes Wasser gibt es dort zwar nicht mehr, aber die Verantwortlichen haben Fahrzeuge mit Wassertanks organisiert, um an die Menschen Trinkwasser zu verteilen.

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Griechenland Zeitung: Was machst du jetzt angesichts der Lage, und wie kommst du damit zurecht?

LUISA BOLLWEG: Am Dienstag wäre eigentlich unser Abreisetag gewesen, das verschiebt sich jetzt Tag für Tag nach hinten, weil die Autobahnen gesperrt worden und Brücken eingestürzt sind. Uns bleibt gerade nichts anderes übrig, als abzuwarten. Aber wir sind super glücklich hier oben. Wir haben zwar kein fließendes Wasser und keinen Strom, aber zu wissen, dass man an einem sicheren Ort ist und es einem das Haus nicht unter den Füßen weggespült hat, dafür ist man gerade wahnsinnig dankbar. Wir haben auch genügend Essen und Trinken, uns geht es soweit gut.

Das Interview führte Svea Mauersberger.

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