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Ouzo und sokofréta: Es war einmal

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In den 1970er Jahren wurde in den traditionellen Kafenions nur Ouzo serviert. (Foto: ek/Archiv) In den 1970er Jahren wurde in den traditionellen Kafenions nur Ouzo serviert. (Foto: ek/Archiv)

Normalerweise ist Lollos eher schweigsam, aber jetzt sitzt er breitbeinig in seinem Kafenion und lässt Geschichten von früher vom Stapel. Und krümmt sich genauso vor Lachen wie wir Zuhörer. Es ist früher Nachmittag, die Saison ist schon lang zu Ende, es geht hier wieder ruhiger zu.

In den Siebzigern, erzählt Lollos, gab es in hiesigen Kafenions weder Wein noch Bier, nur Ouzo, dazu, als Meze, Loukoumi oder geröstete Kichererbsen (στραγάλια = stragalia). Der zum Ausschank verfügbare Ouzo war in Blechcontainern abgefüllt, ein Ouzo kostete anno dazumal eine halbe Drachme. In Paleros, das man früher Zaverda nannte, gab es zwei gegenüberliegende Kafenions. An einem Tag, an dem sie keine Kunden hatten, ging der eine Betreiber, Panagiotis, mit einer Drachme ins Kafenion vis à vis, bestellte einen Ouzo für sich und gab dem anderen Kafenionbesitzer mit der anderen Drachmehälfte einen aus. Wenig später ging Spyros mit denselben Drachmen hinüber zu Panagiotis, gab ihm einen aus und bestellte einen Ouzo für sich. Die Geschichte mit den Drachmen, die am Morgen begann, endete am Nachmittag, als der Blechcontainer mit Ouzo leer war und beide stockbesoffen waren. Im oberen Teil des Dorfes war ein Kafenion, in dem der Betreiber bis in die Nacht hinein laute Musik zu spielen pflegte. Trotz der Beschwerden in der Nachbarschaft blieb Nikos‘ Radio bis nach Mitternacht laut aufgedreht – als dann doch die Polizei mit der Anordnung erschien, dass er das Kafenion schließen müsse. „Gebt mir fünf Minuten“, sagte Nikos seelenruhig, rollte den ausgelegten Teppich ein, sein einziges Gut im Einzimmerkafenion, holte den Blechcontainer Ouzo hervor, klemmte sich den Teppich unter den Arm und ging von dannen. Tags darauf hatte er Teppich und Ouzocontainer, aus dem das Kafenion bestand, anderswo untergebracht. Das Radio lief, die Stammgäste fanden sich ein. „Babis und Mitsos. Ihr kennt Babis – den Bauer, nicht den Schreiner. Mitsos ist inzwischen verstorben“, fährt Lollos fort – beim Erzählen kleine Pausen einlegend. „Sie waren untereinander verfeindet und beide ganz scharf auf σοκοφρέτα“ – Schokoladewaffeln, die in kleinen Kartons ins Stammkafenion ausgeliefert wurden. Babis hatte niemals einen blanken Heller in der Tasche, weil er sein Geld immer beim Kartenspiel durchbrachte. „Um Mitsos eins auszuwischen“ – und vor Lachen bringt Lollos den Satz nur mit Mühe hervor –, „pumpte er sich Geld, um den ganzen Karton zu kaufen, damit Mitsos ja keine Schokowaffel abbekam!“ Immer noch lachend, steht Lollos auf und geht an den Grill. Es ist an der Zeit, die Holzkohlen anzuheizen. (Griechenland Zeitung / Linda Graf)

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