Griechenland hat in den vergangenen Jahren still, aber spürbar an seiner digitalen Zukunft gearbeitet. Während der Blick auf das Land lange Zeit vor allem von ökonomischen Herausforderungen geprägt war, hat sich hinter den Kulissen eine Entwicklung vollzogen, die heute nicht mehr zu übersehen ist.
Digitalisierung wird nicht mehr als theoretisches Ziel behandelt, sie ist in vielen Bereichen des Alltags angekommen und das strukturiert, breit gedacht und zunehmend selbstverständlich. Dabei wirkt der Fortschritt nicht inszeniert, sondern durchdacht. Unterstützt durch gezielte Investitionen und europäische Förderprogramme wurde der Wandel strukturell verankert. Griechenland zeigt damit, dass digitale Modernisierung nicht zwingend mit lauter Rhetorik einhergehen muss, sondern durch klare Prioritäten und eine konsequente Umsetzung auch unter komplexen Rahmenbedingungen gelingen kann.
Ein Land schaltet um, wenn Akten zu Daten werden
Was sich einst wie ein formelles Hindernisparcours anfühlte, funktioniert inzwischen per Mausklick oder Smartphone. Über die Plattform gov.gr lassen sich mittlerweile mehr als 1.700 Behördengänge digital erledigen, sei es das Beantragen einer Geburtsurkunde oder die Ausstellung einer Vollmacht. Dadurch entfallen Warteschlangen und Papierkrieg sowie einige nervenaufreibende Zwischenstopps in muffigen Amtsstuben. Der Ausgangspunkt für diese Entwicklung ist eine landesweite Digitalstrategie mit dem Titel Digital Greece 2020–2025. Sie wurde auf den Weg gebracht und konsequent umgesetzt. EU-Fördermittel ebneten den finanziellen Rahmen, gleichzeitig setzte die Regierung auf Tempo und klare Entscheidungen. Als technischer Partner stieg unter anderem die Deutsche Telekom mit ein. Das griechische Tochterunternehmen investierte Milliarden in den Ausbau der Netzinfrastruktur. Aus dieser Kombination entstand eine Grundlage, die mittlerweile europaweit Aufmerksamkeit erzeugt. Laut Einschätzung des Konzerns zeigen sich in Griechenland teils deutlich greifbarere Fortschritte als in Deutschland.
Digitale Identitäten und Wallets verändern den Alltag
Eine zentrale Rolle im digitalen Umbau übernimmt die neu eingeführte Personal Citizen Number. Diese ersetzt einzelne Verwaltungsnummern der Bürgerinnen und Bürger und soll durch ihre Bündelung einen durchgehenden Zugriff auf staatliche Dienstleistungen ermöglichen. Diese Nummer wird für Steuerangelegenheiten ebenso genutzt wie für den Kontakt mit Krankenversicherungen, Notaren oder Schulen. Lange Verwaltungswege fallen weg, was Prozesse erheblich vereinfacht. Ergänzend dazu bietet das gov.gr Wallet eine digitale Brieftasche für Ausweisdokumente. Es handelt sich um eine standardisierte App, die QR-Codes zur schnellen und sicheren Verifizierung bereitstellt. Auch in anderen EU-Staaten wird diese Technologie erkannt und akzeptiert, was dem mobilen Alltag zusätzlichen Komfort verleiht. Besonders interessant ist die Erweiterung für Minderjährige: das Kids Wallet. Dieses System ermöglicht es, Altersnachweise zu erbringen, ohne persönliche Details preiszugeben. Es wurde mit Blick auf zunehmende Online-Aktivitäten junger Menschen entwickelt und soll ermöglichen, dass sich Kinder sicherer im digitalen Raum bewegen können.
Altersnachweise, Plattformregeln und die Frage nach Vertrauen
In den letzten Monaten wurde eine weitere Maßnahme angekündigt, die für Aufmerksamkeit sorgte. Plattformen wie Instagram oder TikTok dürfen in Griechenland nur dann genutzt werden, wenn ein gültiger Altersnachweis vorliegt. Genauso wie beim Thema Glücksspiel, wo Angebote wie das Candyspinz Casino auch erst ab 18 nutzbar sind. Der Altersnachweis wird aus dem digitalen Wallet generiert, enthält jedoch keine zusätzlichen personenbezogenen Angaben. Es geht ausschließlich um den Nachweis der Altersgrenze. Sollten Plattformbetreiber diese Nachweise nicht anerkennen, verlieren sie die rechtliche Grundlage für ihre Präsenz im Land. Die technische Lösung gilt als elegant, weil sie Schutz bietet, ohne zu sehr in die Privatsphäre einzugreifen. Dennoch gibt es kritische Stimmen. Einige Fachleute warnen vor der Möglichkeit, dass diese Infrastruktur eines Tages auch für andere Zwecke verwendet werden könnte. Die Sorge besteht darin, dass ein solches System – obwohl heute datenschutzkonform – künftig auch zur Erfassung individueller Verhaltensmuster dienen könnte. Die öffentliche Debatte spiegelt dieses Spannungsverhältnis sehr deutlich wider. Einerseits wächst das Bedürfnis nach Schutz, andererseits wird die Frage nach Kontrolle und Verantwortlichkeit lauter.
Wenn Kultur zum digitalen Erlebnis wird
Auch jenseits der Verwaltung schreitet die Digitalisierung voran. Über hundert Museen und archäologische Stätten wurden in ein EU-finanziertes Projekt eingebunden, das mit modernen Technologien arbeitet. Virtual-Reality-Anwendungen, Touchscreens und interaktive Installationen machen historische Inhalte greifbar und lebendig. Ein Vorzeigeprojekt stellt die App Chronos dar. Mithilfe des eigenen Smartphones lassen sich antike Stadtteile wie das klassische Athen in ihrer ursprünglichen Gestalt erleben. Der reale Ort verschmilzt mit virtuellen Rekonstruktionen. Tempel erscheinen in ihrer ursprünglichen Farbigkeit, Statuen wirken fast lebendig, historische Perspektiven lassen sich visuell durchschreiten. Noch konsequenter digitalisiert arbeitet das Corfu V Museum. Es verzichtet auf traditionelle Ausstellungsräume und präsentiert seine Inhalte vollständig virtuell. Besucherinnen und Besucher betreten diese Welt mit einer VR-Brille und erleben eine Form der Kulturvermittlung, die weder durch Vitrinen noch durch Sicherheitsschilder gebremst wird. Auch das Akropolis-Museum nutzt digitale Mittel: Mehr als 27.000 Exponate wurden bereits erfasst, Inhalte sind über Bildschirme, Online-Portale oder medienpädagogische Spiele aufbereitet. Damit gelingt es, auch jüngeren Zielgruppen einen Zugang zur Antike zu bieten.
Fortschritt ohne Umwege: Griechenlands digitales Tempo
Was sich in Griechenland vollzieht, geht weit über symbolische Digitalpolitik hinaus. Die Plattform gov.gr, das Wallet und die zentrale Bürgernummer wurden nicht nur entwickelt, siw wurden landesweit eingeführt und angenommen. Menschen nutzen sie täglich, Behörden haben ihre Abläufe angepasst. Die Investitionen tragen Früchte. Besonders auffällig ist der Umgang mit Steuerfragen. Digitale Kassen, automatisierte Quittungsübermittlung und Kontrollsysteme in Echtzeit haben der informellen Wirtschaft deutliche Grenzen gesetzt. Während andernorts Steuerhinterziehung ein zähes Problem bleibt, hat Griechenland mit digitalen Mitteln bereits konkrete Ergebnisse erzielt. Die Pandemie hat diesen Wandel zusätzlich beschleunigt. Impfbescheinigungen, Testergebnisse oder Schulmaterialien wurden digital verwaltet und blieben auch danach fester Bestandteil des Alltags. Der Staat tritt heute in digitaler Form in Erscheinung, wird als verfügbarer Service wahrgenommen und nicht mehr als Behörde mit Schließzeiten.
Die digitale Ordnung braucht gesellschaftliche Antworten
Trotz aller Effizienzgewinne bleibt eine Grundsatzfrage bestehen. Je mehr Daten an einem Ort zusammenfließen, desto wichtiger wird die Frage nach dem Zugang zu dieser Informationsmacht. Welche Stellen dürfen Einsicht nehmen? Wer kontrolliert die Systeme? Und wie lässt sich Missbrauch verhindern, ohne die Nutzungsmöglichkeiten einzuschränken? Die Diskussion über diese Themen hat in Griechenland gerade erst begonnen. Die technische Infrastruktur mag überzeugend sein, doch gesellschaftliche Akzeptanz entsteht nicht allein durch Funktionalität. Vertrauen in staatliche Systeme setzt Transparenz voraus. Es braucht klare Regeln, unabhängige Kontrolle und eine öffentliche Debatte, die nicht auf Alarmismus, sondern auf Aufklärung setzt. Der Weg in die digitale Zukunft ist damit kein abgeschlossener Prozess, sondern ein offenes Projekt. Griechenland hat viele Hürden gemeistert, doch die nächste Etappe entscheidet darüber, ob der eingeschlagene Kurs auf Dauer tragfähig bleibt. Die Richtung stimmt – nun kommt es auf die Haltung an, mit der dieser Fortschritt gestaltet wird. (kl)