Γεμιστά, mit ihnen beköstigt uns Leonidas am Samstagabend. Um präzise zu sein, mit gefüllten Zucchinis in Eier-Zitronen-Sauce – κολοκυθάκια γεμιστά αβγολέμονο. Der 34-jährige Leonidas stammt aus Igoumenitsa und ist als Architekt am Ionischen Meer angestellt. Da seine Mutter berufstätig war, sie war Lehrerin, wurde die mit Leonidas’ Bruder vierköpfige Familie täglich von der Großmutter bekocht. Als Kind hat er ihr beim Kochen zugeschaut, und seither kocht er immer noch nach Großmutters Rezepten.
Er serviert uns die Speisen auf dem gemütlichen, mit Pflanzen umgebenen Balkon seiner Einzimmerwohnung mit Ausblick auf die kleine Platia mit Kapelle, Kinderspielplatz und dem dahinterliegenden Meer. Zum Sonnenuntergang, dem wir nun beiwohnen, kommen wir in den Genuss von Leonidas’ Sundowner, seinen hausgemachten Wassermelonencocktails. Dazu püriert er Wassermelonenstückchen mit Eiswürfeln, Honig und weißem Rum zu einem spritzig erfrischenden Getränk, das sich – wohl oder übel – wie Fruchtsaft trinkt. Er hat Weizenbrot gebacken und ζυμαρόπιτα, eine Art Tyropita aus der Epirus-Region mit flachem, knusprigem Teig. Es gibt Reibesalat mit Karotten, Rote Beete und Sellerie, mit Frühlingszwiebeln, Sonnenblumen- und Kürbiskernen. Doch der absolute Hit sind seine gefüllten Zucchinis. Er hat die dicksten ausgewählt, die sich leicht mit einem Teelöffel aushöhlen lassen. Auch die runden Zucchinis, erklärt Leonidas, lassen sich leicht aushöhlen. Das Hackfleisch und den nach Belieben gewürzten Reis – Leonidas verfeinert ihn nebst Salz und Pfeffer mit gemahlenem Kreuzkümmel – brät er leicht in der Pfanne an, bevor er die Füllung in die Zucchinis gibt. Bevor er die γεμιστά bis zur Hälfte in kochendem Wasser absetzt, schneidet er die Enden der Zucchinis flach ab, sodass sie aufrecht im Kochtopf stehen, in Reih und Glied, wie Soldaten. Er lässt sie bei zugedecktem Topf 20 Minuten in ihrem Saft köcheln, begießt die γεμιστά anschließend mit der mit dem pürierten Zucchinifleisch untermengten Ei-Zitronen-Soße und lässt das Gericht zuletzt für kurze Zeit im Ofen backen. Bei der sommerlichen Hitze serviert Leonidas die ihn an seine Kindheit erinnernde Lieblingsspeise lauwarm. Die großzügig gefüllten Teller mit den besonders dicken Zucchinis erscheinen wie ein Sattmacher, doch sie sind überraschend leicht und bekömmlich, sie zergehen auf der Zunge und schmecken einfach super. Obwohl wir die Teller leer putzen, stellt sich kein Völlegefühl ein. Dazu genehmigen wir uns einen zweiten Wassermelonencocktail und den bunten Salat. „Alles vitaminreiches Obst und Gemüse! Alles πολύχρωμο!“ Von Leonidas’ hausgemachter epirotischen Tyropita, seinem Weizenbrot und dem Manouri-Frischkäse, der mich im Geschmack und in seiner Konsistenz an den italienischen Ricotta-Käse erinnert, bleibt freilich das meiste übrig. Nach dem köstlichem Sommergericht – oder, sollte ich Sommergedicht sagen – unseres Freundes und Gastgebers sitzen wir noch lange bei Kerzenschein beisammen und plaudern. Und hören Musik. Und genießen die um die Nachtzeit nunmehr kühleren Temperaturen und die Brise, die in kurzen Abständen immer wieder sanft vom Meer zu uns hinüberweht. Es ist längst nach Mitternacht, als wir aufbrechen, nicht ohne dass uns Leonidas „nach Großmutterart“ drei sorgfältig verschlossene Päckchen mit κολοκυθάκια γεμιστά, mit Weizenbrot und ζυμαβόπιτα als Proviant mit auf den Weg gibt. (Griechenland Zeitung / Linda Graf)
- γεμιστά-gemistá = gefüllte
- κολοκυθάκια γεμιστά αβγολέμονο-kolokythákia gemistá avgolémono
- ζυμαρόπιτα-zymarópita
- τυρόπιτα-tyrópita = Käsepita
- πολύχρωμο-polýchromo = bunt, vielfarbig