Griechische Tomaten schmecken immer noch richtig nach Tomaten! Besonders zur Sommerzeit sind sie so herzhaft würzig und süß, dass Freunde, die mich besuchen, regelrecht auf dem alltäglichen Verzehr von Tomaten bestehen! Und das in allen Variationen – sei es als Rohkost oder gekocht. Hauptsache ist, sie essen täglich Tomaten!
Ich rühme mich freilich dafür, die besten, wahrlich tomatenhaft schmeckendsten ντομάτες-(n)tomátes zu beziehen: von Dorfbewohnern oder von kleinen Marktständen, die ausschließlich Waren von ihrem Bauernhof anbieten. Was außerhalb Griechenlands meist in Gewächshäusern ohne Sonnenschein und ohne griechischen, nährstoffreichen Βoden oder zu teuren Preisen als Biokost angeboten wird, ist hierzulande ein Produkt aus der Naturapotheke, das vom Tomatenstrauch warm gepflückt in die Küche kommt. Meinen Gästen zergehen die mit Tomaten zubereiteten Gerichte – wie Briam, Soßen und Salate – auf der Zunge. Ohne Lob für den guten Geschmack einheimsen zu wollen: Bei dem herzhaften Aroma ist es ein Leichtes, ihnen kleine Gaumenfreuden zu bereiten. In ihrem Dokumentarfilm „Οταν ο Βάγκνερ συνάντησε τίς ντομάτες“ („When Tomatoes Met Wagner“) aus dem Jahr 2019 hat die griechischen Regisseurin Marianna Economou die Tomaten, speziell die aus Thessalien stammenden ντομάτες, aus sowohl liebevoller wie ökonomischer Sicht zum Thema gemacht. In einem der zig kleinen, heutzutage aussterbenden Dörfer bauen zwei Cousins in Gemeinschaftsarbeit mit den älteren Dorffrauen Tomaten an, welche diese zu Soßen und Tomatenmark verarbeiten. Das Unternehmen in Elia, das in Zentralgriechenland in der Nähe von Karditsa liegt, wird ein Erfolg, der dem Dorf während der Wirtschaftskrise Perspektiven für einen neuen Aufschwung bietet. Dabei hegt Cousin Alexandros die Überzeugung, dass der Erfolg des Tomatenanbaus auf griechische Volksmusik und auch auf Wagners Musik zurückzuführen sei, die er seinen ντομάτες auf den Feldern vorspielt. Übrigens dauert die Wirtschaftskrise bei den hiesigen niedrigen Einkünften und Pensionen, parallel zu hohen Preisen und Lebenskosten, nach wie vor an. Bei meinem jüngsten Besuch zu Monatsende fand ich den Wochenmarkt in Vonitsa beinahe menschenleer vor. Die Einwohner begutachteten die ohnehin niedrig gehaltenen Preise, ein älterer Herr kaufte zwei Bananen und einen einzigen Apfel, eine ältere Frau zog die überreifen, nahezu gratis angebotenen Tomaten den frischen vor. Auf meine Frage, wieso so wenig Leute hier seien, rieb die Bäuerin zur Antwort Daumen und Zeigefinger gegeneinander. Sie wollte samit sagen: „Geld ist das Problem!“ Im Gegenzug kommen dafür jetzt Besucher aus dem Ausland – die in dieser ländlichen Region am Ionischen Meer Neubauten mit Swimmingpools erworben haben – in teuren Autos an, die in merkwürdigem Widerspruch zu den kleinen Fahrzeugen der Dorfansässigen stehen, von denen jahrzehntealter Lack abblättert ... Doch zurück zu den Tomaten, für deren Zubereitung ich mir eine neue Variante bei der Nachbarstochter, die selbstvergessen im Schatten der Platane im Hof steht und dort ihr Tomatenbrot verzehrt, abgeschaut habe. Ihre Mutter hat ihr eine Brotschnitte geröstet und diese mit Eier- und mit Tomatenscheiben belegt. Da kommt bloß Salz drauf, und fertig ist Matinas Lieblingsbrot! (Griechenland Zeitung / Linda Graf)