Alkmini Agapi Metallinou ist eine Sängerin mit einer besonderen Geschichte. Aufgewachsen in Deutschland, verwurzelt in Griechenland, hat sie sich ihren Platz in der Musik ganz ohne klassische Ausbildung erarbeitet. In den nächsten Tagen steht sie auf der Bühne der Alten Festung von Korfu – ihr bislang größtes Konzert. Eine Hommage an Nana Mouskouri und ein Höhepunkt ihrer künstlerischen Reise.
„Wenn man frei ist, macht man Kunst“
Wenn Alkmini Agapi Metallinou am 19. Juli auf der Bühne der Alten Festung von Korfu steht, wird sie nicht nur vor bis zu 5.000 Menschen singen. Sie wird auch an einem Ort singen, der für sie weit mehr ist als nur eine Kulisse. Korfu ist ihr neuer Lebensmittelpunkt und zugleich ein künstlerischer Kraftort. Mit der Hommage an Nana Mouskouri, gemeinsam mit der Sopranistin Louisa Kone und dem Ensemble der Philharmonie Mantzaros, findet ihre lange musikalische Reise hier einen markanten Höhepunkt. „Das wird mein größtes Konzert bisher“, sagt sie voller Stolz.
Stimme zwischen zwei Kulturen
Alkmini Agapi Metallinou ist Tochter einer griechischen Mutter und eines deutschen Vaters. Geboren und aufgewachsen in Deutschland hat sie ein Herz, das tief für Griechenland schlägt. Diese doppelte Herkunft ist kein bloßer biografischer Fakt, sondern beeinflusst ihren Gesang auf eine ganz besondere Weise. „Auf meine künstlerische Identität prägt sich überwiegend das Griechische aus“, sagt sie im Gespräch mit der Griechenland Zeitung. Ihre Stimme, ihr Repertoire und auch ihr Auftreten sind stark durchdrungen von der Emotionalität, der Leidenschaft und der Tiefe, die sie aus der reichen griechischen Musiktradition mitbekommen habe.
Schon als Kind war sie fasziniert von den Stimmen und Melodien, die ihre Herkunftsländer miteinander verbinden: „Ich habe mir die ganzen griechischen Sänger angehört – Costa Cordalis, Vicky Leandros, Nana Mouskouri …“. Diese Musik war für sie nicht nur „ein Soundtrack“ ihrer Kindheit, sondern wurde zur prägenden Konstante, die sie später als Künstlerin ausleben konnte. Ihre künstlerische Stimme entstand somit an der Schnittstelle zweier Kulturen, die sich in ihr vereinen und ihr eine besondere Tiefe verleihen.
Ein ungewöhnlicher Ausbildungsweg
Der Weg zur professionellen Sängerin war für Metallinou nicht geradlinig. Früh zeigte sich ihr Interesse an Musik und Tanz – mit vier Jahren stand sie im Ballettsaal. Doch ein traumatisches Theatererlebnis sorgte dafür, dass sie die Welt der Bühne zunächst für Jahrzehnte mied. Die frühe Ahnung von Kunst wich einem langen Umweg: erst eine Ausbildung zur Gymnastiklehrerin, dann zur Krankenschwester.
Doch der Traum vom Gesang ließ sie nie los. „Ich habe mir meinen Gesangsunterricht durch die Ausbildung finanziert“, erzählt sie nüchtern. Ein Musikstudium absolvierte sie nie. Dafür nahm sie klassischen privaten Gesangsunterricht, sang im Opernchor, lernte, übte, hörte, fühlte.
Die entscheidende Wendung sei gekommen, als sie ein Konzertmeister aus dem Chor herausholte: „Josef Ziga hat mich gefragt, ob ich ein Kammerkonzert begleiten würde. Er hat mich quasi als Solistin entdeckt.“ Diese Einladung war mehr als nur eine neue Rolle, es war die erste offizielle Anerkennung ihrer Stimme.
Musikalische Freiheit auf Korfu
Die Entscheidung, nach Korfu zu ziehen, fiel 2020 und veränderte alles. „Korfu ist mein Kraftort“, sagt sie heute. Das Klima, die Menschen, die musikalische Szene, alles passte. Sie trat der Philharmonie Mantzaros bei, einem traditionsreichen Musikensemble der Insel, und fand dort sowohl künstlerische als auch persönliche Verbündete.
„Ich arbeite mit Spyridon Rouvas, dem stellvertretenden Kapellmeister, und mit Elli Karidi, der Chorleiterin, zusammen, und mit ihr bin ich mittlerweile befreundet.“ Mit ihnen entwickelte sie neue Programme, sang Liederabende, brachte Theodorakis auf die Bühne.
Ein früher Auftritt war für sie ein Aha-Moment: „Die Leute standen bis auf die Straße und mussten nach Hause geschickt werden“, erinnert sie sich. Es war der Beweis, dass ihre Stimme auch hier, fernab der deutschen Konzertsäle, ankommt – vielleicht sogar noch stärker.

Alkmini Agapi Metallinou 2023 auf einem Konzert auf Korfu
Künstlerische Selbstbestimmung
Musik ist für Metallinou keine Dekoration, keine gefällige Kulisse. Sie begreift sie als Erzählung, als ernsthafte Kunstform. Deshalb singt sie nicht in Restaurants oder auf Hochzeiten. „Ich mache keine Unterhaltungsmusik. Ich mache Chanson. Ich erzähle Geschichten.“
Diese Haltung verlangt Verzicht, aber sie gibt ihr Freiheit. „Wenn ich davon nicht leben muss, kann ich Kunst machen“, sagt sie. „Und wenn ich frei bin, mache ich Kunst.“ Es ist eine Entscheidung, die nicht viele Künstler in ihrer Position treffen und doch scheint sie ihr genau den Raum zu geben, in dem sie wachsen konnte.
Dass diese Haltung funktioniert, zeigt auch die Einladung zum Konzert am 19. Juli. Am Abend wird sie ein Programm auf die Bühne bringen als Hommage an die große griechischen Sängerin Nana Mouskouri.
„Ich kannte viele dieser Lieder schon als Kind“, erzählt sie. Heute interpretiert sie sie mit der Reife einer erfahrenen Sängerin, die gelernt hat, jeden Ton aus dem eigenen Leben zu schöpfen. Die Bühne der Alten Festung ist imposant. Metallinou bleibt dennoch bodenständig: „Ich bin da ganz bei mir. Ich fokussiere mich auf den Text, auf das Gefühl.“ Dass sie für dieses Konzert eingeladen wurde, ist für sie ein weiterer Beweis, dass sie ihren Weg gefunden hat. „Ich brauche mich hier nicht mehr anderthalb Stunden einzusingen. Das klappt in zehn Minuten.“ Vielleicht ist es das Mikroklima der Insel oder einfach ein Zeichen innerer Ruhe.
Konzert in der Abendsonne
Trotz oder gerade wegen ihres späten Einstiegs in die Musik hat Metallinou klare Ziele. Auf ihrer Wunschliste steht die Rolle der Maria in Piazzollas „Maria de Buenos Aires“. „Aber in Griechenland“, sagt sie mit Nachdruck. Auch ein Auftritt im Odeon des Herodes Atticus in Athen steht auf ihrem Zettel. Sie will nicht mehr „verheizt“ werden – wie sie es formuliert, wenn sie vom Musikbetrieb spricht. „Viele Sänger müssen singen, was ihnen vor die Füße gelegt wird.“ Sie selbst hat sich bewusst dagegen entschieden.
Alkmini Agapi Metallinou ist eine Künstlerin, die sich ihre Stimme selbst geschaffen hat – nicht nur technisch, sondern vor allem inhaltlich. Sie weiß, woher sie kommt, und wohin sie will. Ihre Geschichte ist die einer späten, aber bewussten künstlerischen Reifung. Ohne große Plattenverträge, ohne Opernhäuser im Rücken, aber mit einer umso klareren Haltung: Musik muss etwas bedeuten. Und: „Ich weiß, was ich kann. Ich weiß auch, was ich nicht kann.“
Ihr Publikum scheint das zu spüren. Es kommt, hört zu und bleibt. Bald auch wieder am 19. Juli, in der Abendsonne von Korfu, mit Blick aufs Meer und auf eine Künstlerin, die sich nicht anbiedert, sondern einfach singt. Mit allem, was sie hat.
(Griechenland Zeitung / Cecile Klatt)