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Dreißig Flüchtlinge reisen nach Luxemburg: „Nur ein Tropfen im Ozean“ Tagesthema

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Dreißig Flüchtlinge reisen nach Luxemburg: „Nur ein Tropfen im Ozean“

Am Mittwochmorgen sind sechs Familien aus Syrien und dem Irak mit insgesamt 30 Familienmitgliedern vom Athener Internationalen Flughafen „Eleftherios Venizelos“ aus nach Luxemburg ausgeflogen worden. Sie sollen dort bis auf weiteres Asyl genießen. Diese Reise fand mit dem Ziel einer gerechteren Verteilung von Flüchtlingen auf alle EU-Staaten statt. Dadurch sollen u. a. Griechenland und Italien entlastet werden, die aufgrund ihrer geographischen Lage am Mittelmeer den größten Flüchtlingsanstrom bewältigen müssen.  

Hochrangiger Besuch
Die betroffenen Familien wurden vor allem aus sozialen Gründen von der luxemburgischen Regierung aufgenommen: Unter ihnen sind zwei Personen mit Behinderung und eine schwangere Frau. Sie sollen – nach einer weiteren formellen Überprüfung ihrer Papiere bzw. ihres Anrechts auf Asyl durch die dortigen Behörden – in bereits möblierte Wohnungen einziehen.
Bei der Abschiedszeremonie, der ersten dieser Art auf griechischem Boden, waren zahlreiche hochkarätige Politiker anwesend. Außer Ministerpräsident Alexis Tsipras und seinem stellvertretenden Minister für Immigrationspolitik Jannis Mouzalas waren auch EU-Funktionäre mit dabei, darunter der Präsident des Europäischen Parlamentes Martin Schulz und der für die Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos. Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn war angereist.

Menschliche Solidarität
Während der Verabschiedungsveranstaltung hat das griechische Regierungsoberhaupt auf die Solidarität hingewiesen, die griechische Bürger den Flüchtlingen auf den Ägäis-Inseln entgegen bringen. Nach diesem Beispiel müsse seiner Meinung nach ganz Europa handeln. Weiterhin verlieh Tsipras seiner Hoffnung Ausdruck, dass die gefährliche Überquerung der Ägäis künftig keine weiteren Todesopfer fordern möge. Natürlich, so stellte er mit Blick auf die nach Luxemburg ausgereisten Familien fest, seien „30 Flüchtlinge im Vergleich zu den Tausenden nur ein Tropfen im Ozean“. Ziel sei es, dass „aus diesem Tropfen ein kleiner Bach und dann ein Fluss von Menschlichkeit und gemeinsamer Verantwortung“ werde. Letztendlich erinnerte der griechische Ministerpräsident daran, dass die Flüchtlinge vor allem die Türkei als Tor nach Europa nutzen und dass man mit Ankara zusammenarbeiten müsse. Bereits im Nachbarland müsse die Identifizierung der Flüchtlinge und Asylberechtigten beginnen, um Menschenleben in der Ägäis zu retten.

Symbolische Tat
Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sprach davon, dass die Ausreise der 30 Flüchtlinge lediglich eine symbolische Tat gewesen ist. Ziel sei es, die Errichtung von Zäunen zu verhindern. Ein Scheitern dieser Politik würde die Prinzipien und Werte der EU zerstören, sagte er.
Der stellvertretenden Minister Griechenlands für Immigrationspolitik Jannis Mouzalas brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass ein solcher organisierter Ortswechsel von Asylberechtigten zur Routine werden möge und nicht etwa das Ertrinken von Menschen in den Fluten der Ägäis, die sich auf der Flucht befinden.

Kinderleichen in der Ägäis
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch sind fünf weitere Leichen im Norden der Ägäis-Insel Lesbos geborgen worden. Es handelt sich um zwei Kinder, eine Frau und zwei Männer. Sie waren auf ihrem Weg nach Europa von der türkischen Küste aus nach Griechenland unterwegs. Allein am Dienstag wurden 457 Asylsuchende bei insgesamt 13 Schiffsbrüchen gerettet. An den Einsätzen rund um die Uhr beteiligt sich nicht nur die Küstenwache, sondern vor allem auch Fischer, die selbst bei sehr stürmischer See noch mit ihren kleinen Kahikis ausfahren, um eventuelle Schiffbrüchige zu orten und zu bergen. Allein im Oktober, so die Statistiken, sollen rund 218.000 Flüchtlinge auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa gewesen sein.

Religiöse Gedenkfeier
In dieser Woche haben sich wieder deutlich mehr Immigranten auf der Insel Lesbos angesammelt als in den Tagen zuvor. Die Behörden sprechen von rund 7.000 Menschen. Durch einen Streik der Seemannsgewerkschaft PNO können sie ihre weitere Reise nach Piräus nicht antreten, die normalerweise auf drei Fährschiffen erfolgt, die die griechische Regierung angemietet hat.
Zudem ist der Flüchtlingsstrom aufgrund der inzwischen wieder besseren Wetterbedingungen erneut angeschwollen. Die Behörden von Lesbos machen sich sorgen, dass die Anzahl der Flüchtlinge auf ihrer Insel auf bis zu 30.000 ansteigen könnte, falls die Passagierschiffe noch bis Sonntag vor Anker bleiben. Zudem hat die Gemeinde der Insel am Dienstag zu einer dreitägigen Trauer im Gedenken an die ertrunkenen Flüchtlinge aufgerufen. In nur wenigen Tagen sind in der Ägäis mindestens 60 Menschen ums Leben gekommen. Heute Nachmittag wird eine kirchliche Gedenkfeier durchgeführt, an der sich ein griechisch orthodoxer Metropolit sowie Vertreter andere Religionen beteiligen werden.
Am 12. November wird erneut ein informeller EU-Krisen-Gipfel in Brüssel zur Bekämpfung der akuten Flüchtlingswelle einberufen.

Elisa Hübel

Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am heutigen Mittwoch bei der Verabschiedung der 30 Flüchtlinge nach Luxemburg. Die Reise traten sie mit einer Maschine der griechischen Fluggesellschaft Aegean an.

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