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Geldgeber erneut in Athen: Es geht um 10 + 2 Milliarden Euro Tagesthema

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Geldgeber erneut in Athen: Es geht um 10 + 2 Milliarden Euro

Die Verhandlungen zwischen Athen und den Geldgebern werden am heutigen Mittwoch wieder aufgenommen. Bis Montag will man sich über strittige Fragen wie die Versteigerung von Erstwohnsitzen von Schuldnern sowie über die Einführung der Mehrwertsteuer in der privaten Bildung geeinigt haben.

Am Dienstagabend sind die Vertreter des Geldgeberquartetts aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus in Athen eingetroffen. Sie werden sich heute Nachmittag mit Wirtschaftsminister Jorgos Stathakis sowie mit Finanzminister Efklidis Tsakalotos treffen.

Ziel ist es, die Verhandlungen mit der griechischen Regierung bis spätestens Montag beendet zu haben. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass eine Kreditrate in Höhe von zwei Milliarden Euro für Athen freigegeben werden kann. Zusätzlich sollen 10 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung griechischer Banken freigesetzt werden.
Der größte Haken bei den Verhandlungen ist nach wie vor die Zwangsversteigerung auch von Erstwohnsitzen von Schuldnern. Die griechische Regierung unter dem Linkspolitiker Alexis Tsipras (SYRIZA) versucht durchzusetzen, dass lediglich Häuser oder Wohnungen, die einen Wert von mehr als 300.000 Euro haben, versteigert werden dürfen. Die Geldgeber stimmen bisher lediglich einem Schutz von Immobilien mit einem Wert von bis zu 120.000 Euro zu. Als Kompromiss sollen nun versteigerungsfähige Immobilien im Gespräch sein, deren Wert über 180.000 Euro liegt. Athen schlägt u. a. vor, dass man das Gesetz in ein bis zwei Jahren überarbeiten könne, falls sich herausstellen sollte, dass es nicht effektiv funktioniert.
Ein weiterer Haken bei den Verhandlungen ist die Einführung der Mehrwertsteuer im Sektor der privaten Bildung. Davon wäre ein großer Teil der Bevölkerung betroffen: Das Gros der schulpflichtigen Kinder besucht derartige Einrichtungen. Vor allem die so genannten „Frontistiria“, in denen zusätzlich zum normalen Schulunterricht unter anderem Fremdsprachen gelehrt werden, erfreuen sich großer Beliebtheit. Außerdem bereiten diese Nachhilfeschulen meist recht erfolgreich auf die panhellenischen Abiturprüfungen vor. Um die Kosten für die privaten Haushalte auf dem gegenwärtigen Niveau zu halten, will die Regierung die Einführung der Mehrwertsteuer in diesem Bereich vermeiden und sucht händeringend nach Ersatzmaßnahmen. Als wahrscheinlichste Alternative gilt derzeit eine Zusatzsteuer auf Glücksspiele. Allerdings laufen Insider der Branche auch dagegen Sturm, indem sie auf wegbrechende Einnahmen verweisen.
Am Dienstag hat Ministerpräsident Alexis Tsipras im Rahmen einer Sitzung des Ministerrates erklärt, dass die Rekapitalisierung der Banken von der ersten Beurteilung der Geldgeber abgekoppelt worden ist. Er erklärte, dass sich seine Regierung die Aufgabe gestellt habe, einschneidende Reformen durchzusetzen, „die eine beständige Spur des Fortschritts hinterlassen werden“.  
Finanzminister Tsakalotos stellte seinerseits in London während einer Rede an der London School of Economics fest, dass es viele Investoren gebe, die Interesse daran hätten, in Griechenland zu investieren. Sie würden jedoch abwarten, weil die Vorstellung eines eventuellen Austritts Griechenlands aus der Eurozone abschreckend sei. Weiterhin sprach er sich für einen Schuldenschnitt in den kommenden Monaten aus. Er schloss allerdings aus, dass dies noch bis Ende des laufenden Jahres geschehen könnte.

Elisa Hübel

Unser Archiv-Foto (© Eurokinissi) entstand am 21. Oktober bei Gesprächen zwischen Finanzminister Evklidis Tsakalotos mit den internationalen Geldgebern in einem Athener Hotel. – Auch jetzt warten die Journalisten gespannt auf den Ausgang der jüngsten Gesprächsrunde, die am heutigen Mittwoch beginnt.

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