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101 Jahre seit dem Völkermord an den Pontus-Griechen Tagesthema

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Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am 19. Mai 2019 vor dem griechischen Parlament in Athen. Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am 19. Mai 2019 vor dem griechischen Parlament in Athen.

Seit dem Völkermord an den Pontus-Griechen ist mehr als ein Jahrhundert vergangen. Damals wurden mehr als 353.000 Menschen ermordet. Landesweit finden derzeit Gedenkveranstaltungen statt. Athen möchte erreichen, dass dieses Verbrechen vor allem auch von der Türkei als Genozid anerkannt wird.

Griechenland gedenkt jedes Jahr am 19. Mai des Völkermordes an den Pontus-Griechen durch das damalige Osmanische Reich. Die historische Region des Pontus liegt an der Südküste des Schwarzen Meeres. In den Jahren 1920 bis 1922 wurden zehntausende der dort lebenden Griechen und Armenier von den Jungtürken ermordet. Das griechische Parlament hat die an diesen Volksgruppen verübten Verbrechen bereits 1994 zum Genozid erklärt.

Erinnerungsveranstaltungen
Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou appellierte anlässlich des Jahrestages an die Türkei, die Tatsache dieses Völkermordes anzuerkennen. Ein solcher Schritt wäre „ein Zeichen des Muts und der Übernahme von Verantwortung“. Zudem sei eine solche Geste ausschlaggebend für ein künftiges friedliches Zusammenleben zwischen den Völkern. Die Präsidentin hob zudem den Beitrag hervor, den Flüchtlinge aus dem Pontus zum Aufbau des griechischen Staates geleistet haben.
Zu Wort meldet sich auch Innenminister Takis Theodorikakos. Er sprach von 353.000 abgeschlachteten Pontus-Griechen. Es gelte, die Erinnerung an deren Schicksale wach zu halten. Dies sei die Grundlage für eine stabile und friedliche Zukunft.
In Erinnerung an den Völkermord vor 101 Jahren wird Dienstagnacht (19.5.) auf die Fassade des Gebäudes des griechischen Parlaments am Platz der Verfassung (Syntagma) eine Botschaft projiziert. In anderen Landesteilen werden in der Nacht öffentliche Gebäude angestrahlt; vielerorts wurden bereits Fahnen gehisst.

Wie es zum Genozid kam
Einige Historiker vertreten die Auffassung, dass die Türkei den Völkermord unter anderem deshalb nicht anerkennt, weil er in einer Übergangszeit zwischen dem osmanischen Reich und der Gründung des modernen türkischen Staates (1923) stattgefunden habe.
Zwischen 1914 und 1922 sollen bis zu 800.000 Griechen in der gesamten damaligen Türkei verschollen sein; Bis dahin siedelten im osmanischen Reich etwa zwei Millionen Griechen.
Die Ereignisse, die den späteren Völkermord einleiteten, begannen um das Jahr 1909, als der Sultan des Osmanischen Reiches Abdülhamid II. abgesetzt wurde und seine nationalistisch gesinnten politischen Widersacher die Herrschaft übernahmen. Im darauffolgenden Jahr wurden rigide Maßnahmen gegen die christlichen Minderheiten des Reichs durchgesetzt. So etwa wurden mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges Griechen aus dem östlichen Thrakien verjagt. 1915 fand der Genozid an den Armeniern statt. 1919, kurz nach für Griechenland siegreichen Ende des I. Weltkrieges, marschierte die griechische Armee nach Smyrna (das heutige Izmir) an der Kleinasiatischen Küste. 1920 wurde der Vertrag von Sèvres unterzeichnet, der die entstandenen neuen Machtverhältnisse berücksichtigen sollte. Damit fiel Ostthrakien an Griechenland, nicht aber die Pontus-Region.
Im gleichen Jahr begann der Völkermord an dessen Bewohnern, der zwei Jahre anhielt. Nach anfänglichen militärischen Erfolgen erlitt das griechische Militär 1922 eine vernichtende Niederlage. Mit dem Vertrag von Lausanne, der 1923 unterzeichnet wurde, konnte die Türkei einige der früheren Festlegungen aus dem Vertrag von Sèvres zu ihrem Vorteil revidieren. Vereinbart wurde nun ein Bevölkerungsaustausch: Die bis dahin verfolgten Pontus-Griechen fanden eine Zuflucht in Griechenland, doch die Integration in diesem wirtschaftlich völlig ausgebluteten Land erwies sich als extrem schwierig. In Griechenland selbst spricht man angesichts der gewaltsamen Vertreibung aus den angestammten Siedlungsgebieten dieser Menschen von der „Kleinasiatischen Katastrophe“. (Griechenland Zeitung / red)

 

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