Es handle sich um „eine Reihe schwerwiegender und verwerflicher Versäumnisse bei Such- und Rettungsaufgaben seitens der leitenden Offiziere der Küstenwache“. Das zumindest ist die Sicht des Ombudsmannes bzw. Bürgerbeauftragten.
Er bezieht sich damit auf ein Schiffsunglück, das sich am 13./14. Juni 2023 vor Pylos auf der Peloponnes ereignet hatte. Dabei fanden hunderte Menschen den Tod. Nach Ansicht des Ombudsmannes gebe es „eindeutige Beweise“, dass „Menschenleben und die Gesundheit sowie körperliche Unversehrtheit der Personen an Bord des Fischereifahrzeugs Adriana gefährdet wurden“.
Man geht davon aus, dass die „Adriana“ etwa 750 Asylsuchende und Immigranten an Bord hatte; sie stammten überwiegend aus Ägypten, Syrien, Pakistan, Afghanistan und Palästina. Das Schiff befand sich in internationalen Gewässern, als es einen Hilferuf absetzte. Die griechische Küstenwache eilte zu Hilfe, doch es konnten nur 104 Personen gerettet werden. Zudem wurden 82 Leichen geborgen. Die restlichen Passagiere werden nach wie vor vermisst. Nach der Einschätzung des Ombudsmannes seien acht Offiziere der Küstenwache informiert gewesen. Offenbar hätten sie die Gefahr übersehen bzw. missachtet.
Die „Adriana“ vor der Havarie
Eine Bewegung namens „Gemeinsam gegen Rassismus und die faschistische Bedrohung“ sieht hinter dem Schiffsunglück gar das „tödlichste rassistische Verbrechen im Mittelmeerraum seit dem Zweiten Weltkrieg“.
Das griechische Ministerium für Handelsschifffahrt und Inselpolitik erklärt seinerseits, dass die Regierung eine „strenge aber faire Politik zum Schutz der Landesgrenze“ durchsetze. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass die „illegale Migration international Besorgnis erregt“. Das Ministerium vertraue der Küstenwache „voll und ganz, sowohl was den wirksamen Schutz der Grenzen des Landes als auch der Europäischen Union angeht“. Ergänzt wurde vom Ministerium, dass die Angehörigen der Küstenwache „Tag und Nacht für den Schutz des Landes kämpfen“.
Scharf kritisiert wurde hingegen der Ombudsmann bzw. dessen Einschätzung zum Desaster vor Pylos. Dieser habe „willkürliche Schlussfolgerungen“ gezogen, die die Beurteilung durch die Justiz „beinträchtigen könnten“. – Allerdings werden seine Entscheidungen „selbstverständlich von der Regierung respektiert“.
Zu Wort meldete sich u. a. auch der frühere Vorsitzende der Oppositionspartei SYRIZA, Stefanos Kasselakis. Er sprach von einer „Behinderung einer unabhängigen Untersuchung des Schiffbruchs vor Pylos, der an das Tempi-Verbrechen erinnert“. Gemeint ist damit ein Eisenbahnunglück, das sich im Februar 2023 im Tempital ereignete und bei dem 57 Menschen ihr Leben verloren. (Griechenland Zeitung / eh)