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17-jähriger Roma mit der Dienstwaffe eines Polizisten erschossen Tagesthema

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Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am 15. November bei der Beisetzung des jungen Roma in Aliarto. Unser Foto (© Eurokinissi) entstand am 15. November bei der Beisetzung des jungen Roma in Aliarto.

Am Samstagabend (11.11.) kam ein 17-Jähriger im mittelgriechischen Böotien durch die Dienstwaffe eines Polizisten zu Tode. Zuvor war es zu einer Verfolgungsjagd mit der Polizei gekommen, weil sich der junge Fahrer einer Kontrolle entziehen wollte. Drei weitere Minderjährige, die sich ebenfalls im Auto befanden, blieben unverletzt.

Ihren Aussagen zufolge soll der Polizist den Jungen vorsätzlich und aus nächster Nähe erschossen haben. Der Beschuldigte gab am Donnerstag (16.11.) seine Aussage zu Protokoll. Er erklärte, dass sich der Schuss aus der Waffe versehentlich gelöst habe. Lokale Behören untersuchen nun sämtliche Einzelheiten des Vorfalls. Der mutmaßliche Täter wurde vom Dienst suspendiert, befindet sich aber nach seiner Aussage vor der Staatsanwaltschaft wieder auf freiem Fuß. Bis auf weiteres darf er das Land nicht verlassen.

Regierungssprecher Pavlos Marinakis erklärte bei einer Pressekonferenz, dass man auch dahingehend ermittle, ob rassistische Hintergründe eine Rolle gespielt haben könnten: „Wenn es zu solchen Einzelvorfällen kommt, müssen diese natürlich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit behandelt werden“, stellte er klar.
Dies wäre nicht das erste Mal, dass gegenüber den Roma Polizeigewalt angewendet wurde. Erst im Dezember vorigen Jahres hatte ein Polizist einen 16-jährigen Roma in den Kopf geschossen. Der Jugendliche erlag seinen Verletzungen. Panagiotis Sabanis, Leiter eines Roma-Verbandes hatte damals erklärt, dass man „Rassismus“ erlebe. Es sei nicht das erste Mal, dass auf Roma geschossen werde, „nur weil sie Roma sind“.

Laut Zeugenaussagen der drei mitfahrenden Jugendlichen habe der Polizist den 17-jährigen zunächst aus dem Auto gezerrt und anschließend getreten, bevor er ihn aus nächster Nähe erschossen haben soll. Laut Aussage des Polizisten wiederum habe der Junge nicht auf seine Anweisungen reagiert. Als er ihn dann aus dem Auto gezogen habe, habe der Junge nach seiner Dienstwaffe gegriffen, wobei sich unerwartet der Schuss löste.

Am Mittwoch wurde der Junge von Angehörigen, Freunden und vielen Mitgliedern der Roma-Gemeinde in Aliarto beerdigt. Die Trauerveranstaltung war sehr von Emotionen geprägt. Vor allem ein Videomitschnitt einer Überwachungskamera, auf dem Stimme des Polizisten sowie der drei Mitfahrer des Getöteten zu hören sind, sorgte für weitere Spannungen.
Betroffen von dieser Lage war nicht zuletzt auch die Hauptstadt Athen. Mittwochnacht blockierten etwa 30 Roma die Mesogeion-Avenue, setzten Müllcontainer in Brand, warfen Steine auf die Bereitschaftspolizei. Letztere reagierten mit dem Einsatz von Tränengas.
Laut dem staatlichen Radio- und Fernsehsender ERT-News wurde in Aliarto der Bürgermeister, Giorgos Dasiotis, mit einer Flasche am Kopf verletzt, als dieser versuchte, aufgebrachte Roma zu beruhigen. Die Wunde musste genäht werden.

Amnesty International fordert in einer Pressemitteilung eine gründliche, transparente Untersuchung des Falls und betont, dass dies „der dritte Fall innerhalb von drei Jahren ist, in dem ein junges Mitglied der Roma-Gemeinschaft bei Zwischenfällen mit Schusswaffengebrauch durch die griechische Polizei und bei Verfolgungseinsätzen mit Streifenwagen sein Leben verloren hat“.
(Griechenland Zeitung / Raja El Kinani)

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